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Werke von Klaus Albert

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Inhalt: Ein Schulheftchen über die Sowjetunion in den 60er Jahren.

Das Heftchen aus dem Klett-Schulbuchverlag liefert gut recherchiert und gut aufbereitet, mit vielen fundierten Quellenangaben, einen Bericht über das Alltagsleben der Sowjetbürger, ihren Lebensstandard, sowjetische Städte und Bauprojekte, und am Ende noch einen kurzen Reisebericht des Autors nach Kasachstan.

Meine Kritik, mit Zitaten:
Die meisten Westler, die zum ersten Mal nach Rußland (insbesondere nach Moskau oder Sankt Petersburg) kommen, sind erstaunt: Es ist ganz anders, als man es sich vorgestellt hat! Genau dieses Gefühl beschreibt auch dieser Autor. In heutigen Zeiten kann viel auf die negative Propaganda zurückgeführt werden, oder schlicht auf die fehlende Berichterstattung: Man erfährt nichts über Rußland, oder wenn, dann werden nur Negativschlagzeilen gebracht. Natürlich kann man so kein wirkliches Bild dieses Landes bzw. keine genaue Vorstellung entwickeln. Zur Zeit der Herausgabe dieses Heftchens, also in den 60er Jahren, war dies bestimmt auch nicht anders. Umso mehr überrascht hat mich, daß eine so neutrale bzw. weitgehend sogar positive Berichterstattung in Westdeutschland gedruckt wurde! Ob dies heutzutage auch noch möglich wäre? Mir kommt es eher so vor, als ob sich der globale Kampf der USA um den Erhalt ihrer Vormachtstellung im Endstadium befindet, da die gleichgeschaltete westliche Medienpropagandamaschinerie derart auffällig in ein und dasselbe Horn bläst, daß es sogar den meisten deutschen Bürgern auffiel.
An dem Heft positiv überrascht haben mich also die Unvoreingenommenheit, mit der Westdeutsche an diese Reise herangingen, als auch der sachliche Bericht, der dabei herauskam. Am besten gefallen hat mir der Reisebericht über Moskau (S. 1f), wo über die dortige Modernität und Sauberkeit gestaunt wird. Auch heute ist dies noch auffällig: Keine Sachbeschädigung oder Graffitti in Metrostationen, Ubahnen oder Bussen, keine Spinnweben, überall ist alles blitzblank geputzt. Der kurze, aber totale Einbruch in den 90er Jahren wurde vollständig überwunden, wobei heute leider alles Streben dem Kapitalismus und der Wohlstandsvermehrung der Reichsten dient, doch damals in der Sowjetunion kam die Tätigkeit der Bürger doch großteils auch wieder der Bildung und der Bevölkerung zugute. Moralische Aspekte in der Sowjetunion fand ich sehr interessant: der Verderbnis wurde konsequent die Stirn geboten. Es wurden keine jugendgefährdenden oder sonstwie geistig vermüllenden Filme und Lieder veröffentlicht. Auch der Autor bemerkt (S. 2): "Um 1 Uhr ist im Cafe-Restaurant endgültig Schluß. Auch wir müssen nach Hause, weil es in Moskau keine Nachtlokale, keine Tanzbars gibt. Allerdings gibt es auch keine Verbrecherfilme und keine jugendgefährdenden Schriften."
(S. 2): "Moskau ist eine der saubersten Städte der Welt. Hier kann man bestraft werden, wenn man in einem schmutzigen Wagen durch die Stadt fährt - ja selbst, wenn man eine Zigarettenkippe auf die Straße wirft! [...] Wie in allen Verkehrsbetrieben, Geschäften und öffentlichen Gebäuden wird hier [in der Metro] nicht geraucht, obwohl nirgends ein Verbotsschild zu sehen ist. Kein Fetzen Papier liegt auf dem glänzenden Marmorboden. Man kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Betritt man das Innere einer der 35 Stationen, so hat man den Eindruck, in eine Kirche einzutreten."
Zum Thema Kirche (S. 3): "Wer will, kann in die Kirche gehen oder ein Priesterseminar besuchen, aber die Kirchen müssen von den freiwilligen Spenden der Gläubigen unterhalten werden."
S. 3: "Die Sowjetmenschen sind anders, als wir erwarten. Sie sind aufmerksam und freundlich, ja hilfsbereit, wenn sie sich unbeobachtet fühlen. [...] Seit der Sowjetstaat de Schlagbäume etwas geöffnet hat, reisen auch Sowjet-Touristen in die Welt, und sowjetische Sportler messen sich mit der Jugend anderer Länder. Doch ist die Verbindung mit Angehörigen anderer Staaten nicht erwünscht. Die Gelegenheit hierzu ist auch nicht häufig, denn weder Einheimische noch Fremde dürfen in der Sowjetunion frei reisen, und Auslandsreisen sind Ausnahmen."
Damals gab es am Weißrussischen Bahnhof in Moskau sogar noch deutsche Lautsprecheransagen. (S. 1)
Es folgt eine kurze Abhandlung über die Lebensverhältnisse in der Sowjetunion (S. 4). Die Lebensumstände in der Sowjetunion haben sich stark gebessert, reichen aber noch nicht an die des Westens heran. Doch natürlich muß man beim Vergleich der Lebensverhältnisse und ihrer Steigerungsrate auch die Ausgangslage (und die wäre das zaristische Agrar-Rußland) sehen. S. 5: "Man arbeitet in der Sowjetunion lange und schwer. Von den Ehepaaren arbeiten Mann und Frau." Es werden die Löhne den Lebenshaltungskosten gegenübergestellt.

Einige Ähnlichkeiten zwischen der Sowjetunion und dem Westen werden aber verblüffenderweise nach wie vor, damals wie heute, nicht erkannt. S. 6: "Radio- und Fernsehapparate dürfen nur senden, was die Regierung bestimmt. [...] Der Druck von Büchern wird von der Regierung überwacht. Manche dieser Bücher sind in 50 Sprachen übersetzt und dadurch fast allen Völkerschaften der Sowjetunion zugänglich; die sowjetische Bevölkerung ist außerordentlich lese- und bildungshungrig. Bei unserem Gang durch Moskau stellen wir immer wieder fest, daß die Menschen frisch und gesund aussehen. Sie wirken keineswegs unzufrieden oder gar verbittert. Sie kleiden sich sauber, doch ihre Kleidung ist nach Stoff und Schnitt gleichförmig. [...] In den kleinsten Geschäften kann man Parfüms, Lippenstifte, Seife und Puder kaufen."
Der nächste Abschnitt über die sowjetische Schule ist ebenfalls interessant: Es wird viel verlangt und nur die besten dürfen an die Universitäten. Abhängig von ihren Leistungen erhalten sie Studienstipendien. Wer in der Schule dagegen faul ist, wird direkt einer beruflichen Ausbildung zugeführt.

Anschließend wird die Infrastruktur behandelt (S. 8f). Hierbei wird deutlich Kritik angebracht ob der Zwangsarbeiter, die die Kanäle bauten. Nun, in Deutschland könnten Gefängnisinsassen besser auch mal etwas Sinnvolles bauen, als nur faul rumzusitzen und sich womöglich noch mit einem Fernstudium weiterzubilden.
Weitere Kritik wird an der Infrastrukturplanung geübt (S. 10): "Wie hart und rücksichtslos in der Sowjetunion in die Natur und in das Leben der Bewohner eingegriffen wird, beweist uns ein Blick in die Tiefe eines anderen Stausees, des Rybinsker Meeres. Ganze Wälder sind dort ertrunken."
S. 12: "Der Ausbau der Wolga zeigt, welch ungeheure Mittel die Sowjets für die Entwicklung ihres Verkehrswesens auswerfen: Es ist ein Fünftel aller Staatsausgaben."

Der letzte Bericht dreht sich um die Reise nach Kasachstan. S. 15: "Mein Zeitungskollege aber sagte: [...] Ich will keine Musterwirtschaften sehen; ich will zu den Neulandpionieren, die dort noch in Zelten leben. [...] Noch kein westlicher Journalist war in Kasachstan gewesen."

Insgesamt ein sehr informatives und weitgehend neutrales Werk!

ISBN: -, Rezensionszeitpunkt 15.03.2017
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Jantarnaja | Mar 15, 2017 |

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