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Über den Autor

Steven Hill is the former Director of the Political Reform Program of the New America Foundation and co-founder of the Center for Voting and Democracy. His articles and commentaries have appeared in dozens of newspapers and magazines, and he lectures widely throughout the U.S. and Europe. He was a mehr anzeigen leader of the successful efforts to pass instant runoff voting and public financing of campaigns for local elections in San Francisco, Oakland, and other locations. weniger anzeigen

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Nichts im Internet ist a priori menschlicher oder arbeitnehmerfreundlicher, nichts. Alles muss erkämpft werden und niemals ist ein Unternemen bereit, von sich aus etwas freiwillig zu geben, es holt Leistungen zum niedrigst möglichen Preis ein. Punkt.

Steven Hill gelingt in diesem Buch eine wirklich überzeugende Erklärung: auf Crowdsourcing Plattformen werden, wenn man das mit dem Fußball vergleichen würde, lediglich Tore eingekauft, die übrige Zeit aber, die der Fußballer trainiert oder auf dem Rasen, in der Ausbildung verbringt, interessieren niemanden.

Die neuen digitalen Plattformen sind äußerst geschickt darin, einen Job in einzelne Tätigkeiten zu splitten, so dass man nur noch für Einzelschritte bezahlt, ohne das soziale Umfeld eines Arbeitnehmers einzubeziehen.

Wenn man das anders erklärt, ist es eine Wiederkehr der Akkordarbeit aus dem 19. Jh., wobei Sozialleistungen sowieso kein Thema sind. Alles abgegolten. Man arbeitet in Nanobereichen, taggt z.B. Schlagworte zu Bildern, natürlich auch in der Freizeit, während man in der Schlange steht.

Freizeit monetarisieren, immer on business, immer kauen, kaufen und arbeiten, alles wird eins. Jobs sind so nicht mehr vorhersehbar, man muss sie suchen und nach ihnen stöbern, bezahlt wird aber nur im Erfolgsfall. Der Arbeitnehmer fällt zurück in eine marginalisierte Form, er lebt von kleinen Krümelchen und kämpft täglich darum. Ein rundum die Uhr arbeitender Netzwerker mit dem Handy am Arm und Ohr.

Einkommmensunsicherheiten addieren sich so zu extrem hohen Arbeitsbelastungen, durch die Hintertür des Internets wird die schöne neue Welt zur Horrorvorstellung von einem Sozialstaat, dessen Regeln völlig gesprengt sind, ebenso wie viele Start-up-Propheten darüber reden, gesetzte Grenzen des Anstandes, der Arbeit, der Ideen, der Produkte nicht mehr ernst zu nehmen.

Viele junge Studenten sind heute nach einem Studium und frustrierenden Praktiumserfahrungen so blank, dass sie wieder zu ihre Eltern ziehen, sie haben nichts und vor allem keine Aussichten, nicht auf Job und schon gar nicht auf eine eigene Familie.

Nicht nur Studenten spüren es, auch Taxifahrer lernen, dass ihre festgefügte Welt zerbricht: Sie sind unter Beschuss durch Hobby-Taxi-Fahrer, die zwischendurch einfach mal was dazuverdienen und andere Menschen mit dorthin kutschieren, wo sie gerade hinfahren. Der ehemalige Chef der Bildzeitung ist soeben als Cheflobbyist bei Uber eingestiegen, nachdem er vorher den Kampf für die Demokratie und eine soziale Marktwirtschaft führte.

Mehr als 50% traditioneller Arbeitsplätze werden bald entfallen, über 80% der Start ups scheitern, Studenten verbrennen das Geld ihrer Oma in sinnlosen Start-up Projekten, ohne Sinn und Verstand oder Marktforschung vom Zaun gebrochen, mit schöpferischer unethischer Zerstörung aller moralischen Grenzen.

Wir alle müssen dringend reden: über Globalisierung und ihre ethischen Grenzen, über Gemeinschaft, über Staaten und über die Feinde der Demokratie, heute leider mit den Tarnkappen von vielen Start-ups ins Feld der Gier und Macht ziehend. Ritter des Netzes ohne Furcht und Anstand, ohne Mitmenschlichkeit und soziales Gewissen.

Dieses Buch ist ein Weckruf, sehr gut und detailreich geschrieben, ein verstärktes Zittern dürfte jedem über die Haut rieseln, der die aktuellen Zustände liest. Der neuere Typus von Start-up Unternehmen der USA weist eine weitere beunruhigende Eigenschaft auf: er lehnt es ab, Gesetze zu befolgen oder Steuern zu zahlen. Airbnb weigert sich, alle Regelungen vor Ort zu befolgen, weil es unmöglich sei, alle zu kennen. Es ist modern und chic geworden, eigene Richt-Linien aufzustellen und diese weltweit durchzusetzen.

Die Internet-Wirtschaft wendet sich in ihren Auswüchsen gegen sich selbst und muss sich nicht wundern, dass Menschen diesen transnationalen, keinen Regeln folgenden Geschäften misstraut und damit die ganze Globalisierung in Frage stellt bzw. wieder in gesicherte Grenzen zurückdenkt, von deren Schutzmauern man nach eigenen Vorgaben am Markt teilnehmen möchte.

Wirtschaft an sich ist nicht demokratisch, über Jahrhunderte wurde eine Balance aus Gewerkschaft, sozialer Teilhabe, Sicherheit und den Unternehmen durchgesetzt. Dieses Gleichgewicht zu zerstören wird dem Internet nicht helfen, im Gegenteil. Viele sehen jetzt im Bedingungslosen Grundeinkommen eine Art Manna, das allen helfen könnte. Ich sehe das nicht so idealistisch, man braucht vor allem einen starken, modernen Staat, der in der Lage ist, Probleme zu sehen und Internetfirmen auch vom Hof zu weisen, wenn es notwendig ist.

Dass Trump in den USA jetzt Präsident ist, war auch auf die latente Unzufriedenheit mit dem Internet bzw. der Globalisierung zurückzuführen. Besonders unsoziale Firmen aus Silcon Valley und auch aus Deutschland, China usw. müssen heute daran erinnert werden, was soziale Marktwirtschaft wirklich bedeutet. Aber auch Konsumenten sollten begreifen, dass billigste Preise irgendwo auf der Welt ihren inhumanen Preis haben.
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Clu98 | Feb 24, 2023 |

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