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George Konrad (1933–2019)

Autor von The Case Worker

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Über den Autor

George Konrad is president of the Academy of Art in Berlin.

Reihen

Werke von George Konrad

The Case Worker (1969) 220 Exemplare
Geisterfest. (1985) 202 Exemplare
Glück. (2002) 143 Exemplare
Der Komplize (1978) 119 Exemplare
Der Stadtgründer (1977) 115 Exemplare
Steinuhr (1994) 36 Exemplare
Melinda und Dragoman (1991) 34 Exemplare
Das Buch Kalligaro (2005) 25 Exemplare
Slingerbeweging (2008) 24 Exemplare
De onzichtbare stem (2000) 18 Exemplare
De schrijver en de stad (2004) 18 Exemplare
Nalatenschap (1998) 17 Exemplare
Amsterdam (1999) 10 Exemplare
The Invisible (1999) 4 Exemplare
Über Juden (2012) 4 Exemplare
Taperen (1990) 3 Exemplare
Drømmen om Mellom-Europa (1991) 3 Exemplare
Zsidókról (2010) 3 Exemplare
Jan Vanriet gezichtsverlies (2013) 3 Exemplare
Posetilac (1991) 2 Exemplare
Heimkehr (1995) 2 Exemplare
Harangjáték (2009) 1 Exemplar
Inga (2008) 1 Exemplar
Stenuret : roman (1996) 1 Exemplar
El reloj de piedra (2006) 1 Exemplar
91-93 (1993) 1 Exemplar
Stubovi kulture (1976) 1 Exemplar
A látogató 1 Exemplar
Tuinfeest 1 Exemplar
A látogató 1 Exemplar
Il perdente (1995) 1 Exemplar
Iskušenja autonomije (1991) 1 Exemplar
Tuinfeest 1 Exemplar
Le Rendez-vous des spectres (1990) 1 Exemplar

Zugehörige Werke

Minutennovellen (1977) — Nachwort, einige Ausgaben211 Exemplare
Best European Fiction 2010 (2009) — Mitwirkender — 166 Exemplare
Here I Am: Contemporary Jewish Stories from Around the World (1998) — Mitwirkender — 50 Exemplare
Ungarn und Europa. Positionen und Digressionen (2013) — Mitwirkender — 1 Exemplar

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Rezensionen

Die drei großen monotheistischen Religionen sind darauf angewiesen, einander zu verstehen. (György Konrád),

Dieses Buch beleuchtet in einer gut verständlichen, klaren Sprache alle Entwicklungen, die das Judentum in grausamster Weise nehmen musste. Das Unaussprechliche ist immer noch da, niemand kann sich den Schilderungen des Autors entziehen, die Stärke seiner Texte liegt in der Nähe zu dem Geschehen, aus dem persönlich Erlebten wird geschlossen auf jene Einsichten, die niemals verblassen dürfen. György Konrád gibt viele Antworten, aber er stellt auch eine Unmenge an Fragen, die heute immer noch unbeantwortet bleiben. Deutsche Gründlichkeit, deutscher Untertanengeist, Führergläubigkeit - man kann sie nahtlos übertragen auf den freien, losgelösten Konsum unserer Tage, ja Konsum macht frei, alles andere wird verdrängt.

Was erlebt jemand, der sich im Krieg verstecken musste, dessen Angehörige industriemäßig vernichtet wurden, wenn er nach dem Krieg ein sozialistisches Gewäsch ertragen muss, nie so ganz der sein kann, der er eigentlich ist? Die Zerrissenheit des Autors wird deutlich, seine Liebe zur Heimat und alles dazwischen, Gedanken zurück zu den Angehörigen gehen zusammen mit Sorgen des heute, die Frage nach dem Staat Israel, nach den Lösungen für ein Volk, das mehr aushalten musste als alle anderen Völker dieser Erde.

Komisch, dass das Judentum so vielfarbig ist wie die Menschheit selbst. Nein, im Grunde nicht: die Juden waren die ersten Globalisierer der Welt, ihr Wissensdrang bei äußerer Bescheidenheit, Vorsicht, das Assimilieren hat sie zu patriotischen, aber auch blinden Anhängern ihrer jeweiligen Nationalstaaten gemacht. Niemand von ihnen konnte sich vorstellen, dass man die Grundtatsachen des Erfolges eines Landes einfach umbringt. Effiziente Mäuse, so ähnlich hat Kafka über sein Volk gedacht, immer auf dem Sprung, im Tarnen immer wissbegieriger und doch der Katze des Antisemitismus nicht gewachsen.

Heute ist der Antisemitismus immer noch präsent und die radikalen Islamisten kopieren alles, was Nazideutschland sagte, fast 1:1. Ungläubige sind Mäuse, die sich zu verstecken haben, denen jegliche Lebensberechtigung abgesprochen wird. Das blindlings tötende, religiöse Verzücken, welch eine Fratze des Menschlichen, einem Palästinenser, der es wagt, seinen Zweifeln gegenüber den Aktivitäten religiöser Schwärmerei Ausdruck zu verleihen, wird auf Veranlassung der radikalen islamistischen Führung ohne Verhandlung ins Knie geschossen, damit er ein Krüppel bleibt. Beide Völker müssten nach ihrer Blütezeit streben, formuliert György Konrád, und sich nicht auf Feindbilder einschießen, das einfachste Mittel der Propagandabeeinflussung überhaupt, welches heute noch so gut funktioniert wie seit Jahr und Tag. Unerträglich, dass Leute wie bin Laden ihre Anhänger mit Sprengwesten und dem Versprechen auf Jungfrauen im Paradies in den Tod schicken, welche Armleuchter des Geistes. Die tonangebende Elite der Araber hat keine Idee von Demokratie, sie lässt sich lieber feiern als Hasser und Verkünder von steinzeitlichen Religionsausübungen, ein Drama der unwirklich vor-mittelalterlichen Art, das die Menschen im Hass auf Ungläubige erstarren lässt.

Früher oder später müssen sich die Palästinenser entscheiden, ob sie einen Krieg wollen oder einen Staat. (S 158) Wie wahr, wie unfasslich lächerlich doch ein nationaler Religionskrieger heute ist, mag jeder für sich beantworten. Tatsache ist, dass die aus dem Judaismus gewachsenen Religionen heute dem Judentum einen Staat zugespielt haben, den sie im arabischen Bereich als ihren Feind betrachten und bekämpfen. Kein Volk hat sich so leicht vertreiben, assimilieren lassen, jetzt ist es Zeit, Widerstand zu leisten, den Gegnern gleichzeitig Respekt zu zollen, immer eine Kooperation zu suchen.

Der Begriff des auserwählten Volkes könnte auch dahingehend interpretiert werden, dass dieses Volk nach Weisheit sucht und sich bemüht, den Menschen zu verstehen. (S 198) Typisch für den Weisen ist allerdings nicht, dass er sich einfach töten lässt, er sucht über Stärke den Weg zur Verständigung. Kein einziges Land in Europa verfügt über eine zuverlässigere demokratische Tradition als Israel, kein anderes denkt europäischer, ja, muss an einem vereinten Europa interessiert sein, das sich wappnet gegen Fundamentalismen aller Art.

Der Unterschied zwischen den monotheistischen Religionen? Im Judentum steht zwischen Gott und dem Menschen kein göttlicher Mensch, das ist im Grunde alles. Jesus war ein Jude bei seinem Tod, der das Judentum verbessern wollte wie viele nach ihm. Wer das erfasst bzw. für sich als gültig ansieht und an den einen Gott des Alten Testaments glaubt, ist im Grunde Jude, d.h. ein toleranter, suchender, sich selbst und dem Humanismus verflichteter Mensch, der in der Lage ist, mehrere Identitäten (als Ungar, als Europäer, als Israeli) zu leben. Du musst kein Heiliger sein, es reicht, wenn Du ein anständiger Mensch bist. Wir sind wachsam geworden und halten besser zusammen als früher. Wesentlich ist, dass wir die Augen offen halten. (György Konrád)

Ein unglaublich wichtiges, klares Buch, das ich jedem empfehle, der hinter die bekannten Worthülsen blicken möchte. Oft kommt es mir vor, als ob die Äste eines Baumes, ja die Blätter eine Religion seien, die über die unten stehende Wurzel lachen, sie negieren wollen. Aber es ist ein Baum.
… (mehr)
 
Gekennzeichnet
Clu98 | Mar 17, 2023 |
Die Seitenangabe bezieht sich auf die suhrkamp taschenbuch (1986) Ausgabe
(http://www.librarything.com/work/568745/book/138375181).

Zwischen Autobiographie und Roman: Erinnerungen und Gedanken über sich und andere, über die Liebe, über das Schreiben („Ich glaube, eine Ähnlichkeit zwischen Liebe und Literatur besteht auch darin, daß beiden das Possenhafte gut zu Gesicht steht.“ 322) auch zur Geschichte, über Begegnungen und Begebenheiten damals und heute, nicht unbedingt in zeitlicher Reihenfolge: so kann man das Buch irgendwo aufschlagen, man braucht es nicht vom Anfang zum Ende zu lesen. Konrád schreibt, dass es von ihm gesagt sei, er wäre hier Autor des eigenen Lebens. Erinnerungsbilder lassen einen Anflug von Handlung entstehen. Gedankenassoziationen – man folgt oder läßt es bleiben.
Mir gefällt seine bildhafte Sprache selbst in einer Übersetzung; einige Zitate:
Über das Schreiben: „Es bedarf ständigen Trainings, damit sich die Muskulatur der Sprache strafft. ... In den Straßen der Komposition ein Strömen der Sätze, ich sehe sie räumlich. Beim Übertragen des früher Geschriebenen tritt aus den Wortanhäufungen der eigentliche Text wie Blindenschrift hervor. Langsame Destillation ...“ 298
„Jeder Mensch besitzt irgendeine Ideologie, einen Kranz von Ideen, weshalb er was tut. Ich habe noch niemanden getroffen, für den die innere Selbstrechtfertigung nicht eine Lebensnotwendigkeit wäre.“ 206
„Es gibt einige in dieser Stadt, die Freizeit höher schätzen, als Geld. Am Donauufter sehe ich betagte Männer mit einem Buch in der Hand spazieren gehen, sie setzen sich auf eine Bank, lesen ein paar Seiten, schlendern dann weiter.“ 260.
Du sollst nicht töten: „Mit dem Verbot und der Versuchung zu töten sind wir identisch ...“ 281
„Die meisten halten das, wovor sie Angst haben müssen, als schicksalhaft, daß es auf ihren Blumengarten hagelt ebenso wie den Umstand, daß sie ermordert werden.“ 295

Es ist eines der ganz wenigen Bücher, von denen ich wünschte, sie wären ohne Ende. (I-17)

Ein weiterer Kommentar (I-20): Dieses Buch begleitet mich seit langem. Mir genügt es nicht, es einmal gelesen zu haben. In Mußestunden schlage ich es irgendwo auf, lese ein paar Sätze, keine fortlaufende Handlung stört dies. Eine Welt öffnet sich: Erinnerungen, Gedanken, Bilder, die sich mit den Sätzen im Buche mischen. Lesen wird zu einem Dialog. So wie es sein sollte.

Konrád selbst nennt den Roman einen „autobiographischen Essayroman“„Tagebuch, Chronik, Schwärmerei, Querschnitte aus dem Bewußtsein.“ Ein Diskurs „eher oszillatorisch als linear.“ „Wer weiß, was wahr ist und was nicht? Was ist meine Wirklichkeit?“ so fragt er sich (S.300f der st Ausgabe). Die Geister seiner jüdischen Großfamilie, viele 1944 ermordet, suchen ihn auf im Garten bei Budapest, setzen sich ihm gegenüber an den Grabsteinschreibtisch unter den Obstbäumen, tauschen Erinnerungen, Gedanken aus. “Der Roman ist eine vollendete Form, das ganze Bewußtsein passt in ihn hinein, …

Einige Sätze, die mir auffielen:
„Ja, ich bekenne, daß ich folgendes denke: Die Geschichte ist das gemeinsame Werk von Gott und Teufel. Sie arbeiten Hand in Hand, es kann sogar sein, daß die beiden eins sind. …Was hast du gegen die Hypothese einzuwenden, daß Gott und der Teufel ein und derselbe seien? Gott macht keinen Unterschied zwischen gut und böse, nur ich tue das, denn ich bin sterblich. (26, 12)
„Ich habe die Politik immer für eine Art Zirkus gehalten. In der Arena versetzen sich die Clowns gegenseitig Fußtritte in den Hintern, sie zanken sich lustig, sie unterhalten uns , … Ich habe so lange über die Politik gelacht, bis die Bescherung da war. (310f)
Der 11-jährige Kobra 1944 in Budapest „konnte nicht begreifen, daß diese bewaffneten Männer [zum töten] einen besseren Grund haben könnten als die Dummheit. Sie brüllen, poltern, schießen wild um sich, benehmen sich wie Possenreißer. Die Sache fängt da an, daß mit dem Verstand eines Menschen, der tadellos dem Befehl Stillgestanden gehorcht, etwas nicht in Ordnung ist. So ein Mensch ist zu allem fähig. Kobra beschloß, für ihn sollte es im ganzen Leben nur ein Rührt euch geben.“

Über seine Schreibarbeit:
„Die Freiheit der Phantasie und die Freiheit des Bürgers hängen miteinander zusammen. Schreiben ist ständige Übertretung, Grenzverletzung … über das Erlaubte, über das Erträgliche hinausgehen. (27)
„Der Mensch hat Sehnsucht nach einer großzügigen und fortführbaren Arbeit, nach einer lebenslangen Anstellung, nach ineinanderwachsenden Werken, nach der Schaffung einer sich alles einverleibenden Welt, in der wir unsere Stimme wechseln können, je nachdem, in wen wir uns verbergen. … - Jedes deiner Bücher ist ein Vorhang zwischen dir und der Welt, ein Versteckspiel. - der Autor muß ein Mandarin sein; man soll meine Zeichen lesen lernen! (301, 308)
… (mehr)
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Gekennzeichnet
MeisterPfriem | 3 weitere Rezensionen | Jan 30, 2017 |

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