Robert V. Levine (1945–2019)

Der amerikanische Soziologe Robert Levine hat sich nach eigenen Angaben der Erforschung der Zeit im gesellschaftlichen Kontext verschrieben. Im Buch berichtet er zunächst in anekdotischer Form über seine ersten Erfahrungen mit dem Umgang mit der Zeit in anderen Kulturen, u.a. in Brasilien und Katmandu, wo Menschen viel eher nach der Ereigniszeit als nach der Uhrzeit leben und es daher immer wieder zu mehr oder weniger bedeutenden Missverständnissen der Amerikaner und Europäer mit den Einheimischen kommt. Kern des Buches ist Levine´s Vergleich des Lebenstempos in 31 Ländern, der auf empirischen Untersuchungen beruht. Als Basis dienten dabei drei Messungen: Die Gehgeschwindigkeit von Pssanten, die Bedienungszeit bei der Post und die Genauigkeit öffentlicher Uhren. Den ersten Platz nimmit demnach die Schweiz ein (v.a. wegen der genauen Uhren), den letzten Platz Mexiko. Österreich liegt übrigens an achter Stelle, bei der Gehgeschwindigkeit kommen die Österreicher aber nur auf Platz 23.
Ein kurzes Kapitel ist der Geschichte der Uhrzeit gewidmet und durchaus interessant. Ab der Buchmitte ergeht sich Levine allerdings mehr und mehr in Wiederholungen, was auf Dauer ziemlich ermüdend ist. Zudem lässt er sich (wie von ihm auch zu Beginn angekündigt) gegen Ende zu mehr oder weniger esoterischen Tipps zum Umgang mit der Zeit hinreißen, was nicht jedermanns Sache ist. Alles in allem vermittelt Levine zwar einen guten und durchaus lehrreichen Überblick darüber, wie Kulturen mit der Zeit umgehen. Allerdings hätte dem Buch die Kürzung um rund ein Drittel gutgetan. Weil die Original-Publikation schon 1997 erschienen ist, fehlen natürlich Überlegungen zur durch das Internet und den globalisierten Medienkonsum bedingten Zeitsynchronisierung. Hier wäre eine Fortsetzung (oder Erweiterung) durchaus spannend.… (mehr)