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Louis-Sébastien Mercier (1740–1814)

Autor von Pariser Nahaufnahmen

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Über den Autor

Bildnachweis: Louis-Sébastien Mercier, Oeuvres choisies de Mercier, avec des Remarques, des Notices, et L'examen de Chaque Pièce, par MM. Ch. Nodier et P. Lepeintre, Paris, Madame Dabo-Butschert, Libraire-Éditeur. 
M. DCCC. XXIV.

Werke von Louis-Sébastien Mercier

Pariser Nahaufnahmen (1979) 61 Exemplare
La brouette du vinaigrier (1972) 7 Exemplare
Néologie (2009) 5 Exemplare
Le nouveau Paris (1994) 4 Exemplare
Parigi Fantasma (2008) 3 Exemplare
PARALLELE DE PARIS ET DE LONDRES (1982) — Autor — 2 Exemplare
Tableau de Paris. Tôme II (2017) 2 Exemplare
Paris Tablosu (2004) 2 Exemplare
Tableau de Paris, tome 1 (1994) 2 Exemplare
Mon bonnet de nuit (1999) 2 Exemplare
L'homme sauvage ou Aventures d'Azeb, Zidzem et Zaka (1999) — Übersetzer, einige Ausgaben2 Exemplare
L'Homme Sauvage (2014) 1 Exemplar
Obraz Paryża 1 Exemplar
Mein Bild von Paris (1979) 1 Exemplar
The Iron Man (1768) 1 Exemplar
Dictionnaire d'un polygraphe (1978) 1 Exemplar

Zugehörige Werke

The Utopia Reader (1999) — Mitwirkender — 112 Exemplare
The Quest for Utopia: An Anthology of Imaginary Societies (1952) — Mitwirkender — 42 Exemplare

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Wissenswertes

Gebräuchlichste Namensform
Mercier, Louis-Sébastien
Rechtmäßiger Name
Mercier, Louis-Sébastien
Andere Namen
Mercier, Sébastien
Geburtstag
1740-06-06
Todestag
1814-04-25
Geschlecht
male
Nationalität
France
Geburtsort
Paris, France
Sterbeort
Paris, France
Berufe
dramatist

Mitglieder

Rezensionen

Mercier (1740-1814) war ein Vordenker der Aufklärung und wies eine ungeheure Produktivität auf: er schrieb 74 Monographien, 26 lyrische Werke, 51 Theaterstücke, drei Denkschriften, zwölf Editionen und noch heute liegen von ihm über 10.000 Seiten unveröffentlichter Manuskripte vor. Seine in diesem Buch beschriebene Utopie wird als Vorahnung der französischen Revolution interpretiert und gilt als die erste utopische Beschreibung überhaupt. Grund genug also es aufmerksam zu lesen. Schon George Washington und Thomas Jefferson ließen sich durch dieses Buch inspirieren.

Der Icherzähler schläft im Jahr 1768 in Paris ein und erwacht 672 Jahre später, schaut in den Spiegel und sieht sein altes Gesicht. Auf dem Platz vor seinem Haus erblickt er einen Obelisken mit der Aufschrift: das Jahr des Heils MMIVCXL. Die Stadt hat sich verändert ohne eine andere zu sein, die Straßen sind groß, schnurgerade und nachts beleuchtet, in den Kutschen fahren nicht mehr Aristokraten, sondern verdiente ältere Bürger. Alle Bürger sind mit öffentlichen Arbeiten betraut, sie werden alle hoch geschätzt, die vorhandene Ordnung symbolisiert eine wahr gewordene soziale Harmonie.

Mercier beschreibt den Gegenentwurf einer absolutistischen Kirche und desselben Adels, die zu seinen Lebzeiten im Gleichklang alle Bürger ausbeuten und knechten. Der Adel unterscheidet sich jetzt, in der Zukunft, nicht mehr von den anderen Menschen. Der König ist ein Bürgerkönig, der sich frei unter Bürgern bewegt und im Alter von 24 eine Bürgerliche heiratet. Um den Rückfall in den Absolutismus zu verhindern, ist der Monarch von Zensoren umgeben, die alle Berater despotischen Zuschnitts vertreiben, der Thronfolger wird von einfachen Bürgern erzogen.

Mercier beschreibt in seinem Rundgang durch das neue Paris (vermittelt durch einen Begleiter, der ihn zunächst locker, bürgerlich einkleidet, abseits bekannter Zwänge) kein kommunistisches System, Privateigentum und Lohnarbeit sind nach wie vor vorhanden, aber Privateigentum enthält eine hohe Sozialpflichtigkeit. Reichtümer werden für Projekte aufgewendet, die der Allgemeinheit dienen. Dies ist nur möglich unter der Maxime, dass die Gesellschaft einer Bedürfnisbefriedigung folgt und nicht nach einer Profitmaximierung strebt. "Wir sind aus der Barbarei herausgetreten, in der ihr versunken wart [...]. Nach und nach wurde der Geist herangebildet. Wir müssen noch mehr tun, als wir bisher geschafft haben. Wir haben nicht viel mehr erreicht als die Hälfte der Leiter."

"Eine reine Moral und keine ungereimten Lehrsätze: das ist das Mittel, weder gottlose noch fanatische oder abergläubische Menschen zu haben. Wir haben diese glückliche Mittel gefunden und wir danken dafür den aufrichtigen Urhebern alles Guten.“ Sich ausgrenzende Religionen sind also zu einer Art Vernunft-Religion im kant'schen Sinne verschmolzen, es finden keine Kämpfe in dies Richtung mehr statt.

Wie denkt man in der Zukunft über die Unsterblichkeit? „Man braucht nur Augen, um anzubeten, antwortete er mir. Man braucht nur in sich selbst zu gehen, um zu fühlen, dass etwas in uns ist, dass lebt, das empfindet, denkt, will, sich entschließt. Wir glauben, dass unsere Seele von der Materie verschieden ist, dass sie von Natur aus mit Verstand begabt ist. Wir räsonieren wenig über diesen Gegenstand, wir lieben es, an alles zu glauben, das die menschliche Natur in ihrer Würde steigert. Das System, das sie uns großartiger zeigt, ist uns das liebste. Die Kühnheit des Denkens ist der Glaube eines vernunftbegabten Wesens. Warum sollen wir auf das Nichts zukriechen, wo wir doch Flügel in uns fühlen, uns bis zu Gott aufschwingen, und nichts dieser edlen Verwegenheit widerspricht?

Jede Seite diese Buches ist ein Genuss, eine Rede jenseits von Religionen, eine Beschreibung höchster Würde des Menschlichen. „ Mit dem Einverständnis aller haben wir alle Bücher, die wir als seicht, nutzlos oder gefährlich erachteten, auf einem weiträumigen, ebenen Platz zusammengetragen, wir haben daraus eine Pyramide aufgeschichtet, die an der Höhe und Masse einem gewaltigen Turm glich: Ganz gewiss war das ein neuer Turm von Babel.“ Ich denke oft an die Masse heutzutage ab und zu-geschriebener Bücher, die kein Mensch braucht, lediglich eine Kopie und leichte Umschreibung anderer Ideen sind.

Natürlich ist alles im Licht des 18. Jahrhunderts, seiner Perspektiven zu sehen. Aber doch haben die Gedanken Merciers die Kraft, auch heute hinter das Aufflammen letzter unvernünftiger Religionen zu blicken, um diese aus der Zukunft in die Schranken der Vernunft, der Aufklärung zu weisen. In seinem Rundgang durch Paris trifft der Icherzähler am Ende auf die Trümmer von Versailles und der Begleiter aus der Zukunft vermittelt die daraus abgeleitete Mahnung: „Könnten doch diese Steinhaufen allen Monarchen zurufen, dass diejenigen, die eine augenblickliche Macht missbrauchen, dem folgenden Geschlecht nur ihre Schwäche aufdecken.“ Der Begleiter fängt an zu weinen und in der Enttarnung seiner Identität ahnt man etwas von Karma oder Bestrafungen. In der Tat, wie zerbrechlich sind doch die Denkmäler des Stolzes.

2015
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Gekennzeichnet
Clu98 | 3 weitere Rezensionen | Mar 4, 2023 |

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