Christopher Priest (1) (1943–2024)

Ihr Hund heißt Freud und die Begleiter im psychotherapeutischen Sinne sind dessen Nachfolger Adler/Jung. Man taucht mit diesem Buch weit ein in seelen-analysierende Tiefen, es umfasst die Liebe und den Verfall einer Beziehung. Was ist an diesen Stellen des Bruches möglich? Wie verhalten sich Menschen, die Sicherheit und Gleichmaß schätzen oder es halt nicht anders kennen? "Ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, geht sie davon aus, dass das Leben einfach auf unbestimmte Zeit so weiterlaufen wird: nicht perfekt, aber völlig akzeptabel."

Der Schreibstil ist detailverliebt grübelnd, das mag einige abschrecken, ich mag diese Erhellung der Verästelungen des Alltages einer Beziehung. Hinter der Mauer "So tun als wäre alles in Ordnung, dann kommt auch alles wieder in Ordnung" lauern Abgründe, die schweigend ihre Explosionskraft ansammeln.

Aus diesem Aneinander-Vorbeileben wird eine Beziehung und ihr Zusammenbruch geschildert - und dabei werden die Kindheitserinnerungen der Protagonistin, ihre Entwicklung zur Therapeutin, ihr Alltag, die sich immer stärker zementierenden Verhältnisse offen gelegt, ohne den Mann außen vor zu lassen. Auch er wird erklärt, in seinem Alltag und seinen Träumen erhellt.

Die Spannung bleibt bis zum Ende, und die Auflösung hätte ich so nicht vermutet, mit dem Fortgang allerdings begann eine Ahnung. Meines Erachtens ist es vor allem ein Roman über die Frage, wann und aus welchen Gründen Frauen einige Dinge schweigend hinnehmen sollten und wo die tieferen Ursachen dafür liegen. Ein spannender psychotherapeutischer Thriller, der viele Interpretationsmöglichkeiten zulässt, ein spannender Raum zum Nachdenken.… (mehr)