Mercè Rodoreda (1908–1983)

"Der Garten über dem Meer" hat etwas Zeit gebraucht, um mich in seinen Bann zu ziehen, aber dann hat mich die Geschichte sehr bewegt.

Sie spielt, so sagen es die Rezensionen im Netz, offenbar irgendwann in den 20er oder 30er Jahren in der Nähe von Barcelona. Der verwitwete Gärtner eines Hauses am Meer erzählt von den Schicksalen der Menschen, die in diesem Haus ihre Sommer verbringen, über sechs schöne, am Ende aber sehr dramatische und traurige Jahre.

Die Perspektive finde ich genial gewählt. Der Gärtner ist immer irgendwie dabei und doch so weit an der Peripherie, dass er eine gewisse Distanz zu allen Geschehnissen hat. Er genießt dabei das Ansehen und das Vertrauen aller, sowohl das des weiteren Dienstpersonals wie auch das der Eigentümer. Deswegen erfährt er sehr vieles und aus ganz verschiedenen Perspektiven, ein Schatz an Wissen, mit dem er sorgsam umgehen muss. Zugleich gerät mit seiner Tätigkeit als Gärtner auch die Umwelt der Geschichte in ein besonderes Licht. Er spricht viel über Blumen und Stauden, wie er sie pflanzt und wie es ihnen geht usw.

Die Sprache ist von einer sehr schönen Schlichtheit. Im Ton wirkt das Buch wie eine Plauderei, zuweilen aber verwandelt sich das Ganze auch in dialogische Passagen. Besonders komisch und gleichzeitig sehr berührend und traurig sind die Dialoge der Eltern von Eugeni, die ihren Sohn seit Jahren nicht gesehen haben und ihn suchen.

Das Buch wird von Roger Willemsen vorgelesen, der das, wie ich finde, ganz wunderbar macht.

Bestimmt werde ich mir das Hörbuch noch öfter anhören, so schön ist es.

Update am 25.04.2020: So oft habe ich in den letzten Monaten an diesen Roman gedacht, so sehr sind mir einige seiner Figuren im Gedächtnis geblieben, und die Geschichte bewegt mich immer noch. Ein Lieblingsbuch.… (mehr)