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Frank-Walter Steinmeier

Autor von Europa ist die Lösung

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Bildnachweis: Aktueller Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier By president.gov.ua, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=69962940

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Dürer war hier (2021) — Schirmherrschaft, einige Ausgaben4 Exemplare

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Das offenste deutsche Wort, das unverbindlichste, auch gefährlichste besteht aus drei Buchstaben: W, i , r . Wer soll das sein in Deutschland?

Nach Frank-Walter Steinmeier, dem 12. deutschen Bundespräsidenten, ist es die Mehrheit aller Deutschen, die demokratische Mitte. Woran erkenne ich diese? Sie setzt sich für den Staat und dessen Institutionen ein. Der Rest, also die Misstrauischen, die Kritischen, die Benachteiligten? Wie sind sie durch das Wir zu behandeln? Sollen wir für sie beten oder sind sie nicht vielmehr das Salz in der Suppe der Demokratie, die sie bewegen und weiterbringen? Ist Demokratie nicht vielmehr die Staatsform des Misstrauens von unten nach oben, die Kritik, das Hinterfragen? Keine Antwort in diesem Buch.

Sozialdemokraten reden gerne vom wir und den eigenen Erfolgen, Genossen genießen die Wärme der Wissenden, sie dürfen sich einreihen in etwas, was Enzensberger schon 1994 beschrieben hat: „In der Abenddämmerung der Sozialdemokratie hat dagegen Rousseau noch einmal gesiegt. Sie haben nicht die Produktionsmittel, sondern die Therapie verstaatlicht. Dass der Mensch von Natur aus gut sei, diese merkwürdige Idee hat in der Sozialarbeit ihr letztes Reservat. Pastorale Motive gehen dabei eine seltsame Mischung ein mit angejahrten Milieu- und Sozialisationstheorien und mit einer entkernten Version der Psychoanalyse. Solche Vormünder nehmen in ihrer grenzenlosen Gutmütigkeit den Verirrten jede Verantwortung für ihr Handeln ab.“ („Aussichten auf den Bürgerkrieg“, 1994, S. 37)

Das Lieblingswort von Sozialdemokraten ist das rundum güldene, vermeintlich alle einschließende Wir, aber es hat einen harten, ausgrenzenden Kern. Wehe, man hat auch nur geringfügige Spuren eines alten Patriotismus oder man kritisiert alle Religionen, dann ist man nach diesem neuen Knigge der Demokratie raus. Nichts findet sich in diesem Buch über den Linksterrorismus und den Islamismus.

Dieses Buch hat mich animiert, das Buch „Wir“ von Jewgeni Samjatin wieder zu lesen. In ihm wird eine dystopische Gesellschaft beschrieben, die unter umfassender Kontrolle eines Wohltäters steht, der sein Ich perfekt in das verbindliche Wir für alle übersetzt. Es ist das erste Buch, welches offiziell in der Sowjetunion verboten wurde. Unzählige „Beschützer“ wachen über das Wohl der Einwohner, deren Leben bis in kleinste Details reglementiert ist, über allen steht ein wohl meinender, mächtiger „Wohltäter“. Menschen die sich gegen diese Fürsorge wehren, werden öffentlich hingerichtet. Der Einzelne zählt nicht, nur das Kollektiv.
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Gekennzeichnet
Clu98 | Apr 21, 2024 |
Eine breite Diskussion, von konservativ bis links, von digital bis Religion - man muss hier einen Pluspunkt für dieses Buch sehen. Es bringt die aktuellen Diskussionen gut in einen Raum, in dem wir uns alle heute bewegen und mitreden sollten.

Beim Lesen des Inhaltsverzeichnisses habe ich mich beobachtet und festgestellt, dass ich doch die mir adäquaten Themen eher suche und mich zwingen muss, konträre Meinungen zu lesen, z.B. jene von Mouhanad Khorchide (MK).

Immer wieder spannend, wie MK an Koran, Hadith und allen anderen Aussagen des Islam vorbei eine universelle Religion definiert, die mit dem Islam nur noch im Traum etwas zu tun hat. Er formuliert schöne Sätze, z.B.: „Religiosität ist somit ein Geschehen der Liebe aus Liebe für die Liebe.“ Wir sind eine Verwirklichung der Liebe Gottes, seiner Barmherzigkeit, wir sind Gottes Statthalter auf Erden. Unser Antrag sei ein politischer mithin zur Umgestaltung der Gesellschaft, um die Schöpfung möglichst als Selbstzweck zu befreien. Sloterdesk nähert er sich dem möglichen Beitrag des Islam zu einer demokratisch-freiheitlichen Gesellschaft.

Schön auch die Feststellung, Huntington’s Kampf der Kulturen wende sich hin zu einer selbst erfüllenden Prophezeiung. Die Tatsachen sprechen eine andere Sprache ebenso wie die Geschichte und die aktuellen Einstellungen der Deutschen zum Islam, die MK anführt. Über 80% verbinden den Islam mit Frauenunterdrückung (Ilhan Arsel: Frauen sind Eure Äcker), Fanatismus (70%) und Gewaltbereitschaft (+60%). Schuld daran seien wie immer wir, weil der Islam von der deutschen Regierung auf eine organisierte Linie gebracht wurde, in der konservative Sichtweisen dominieren, während aber der liberale Islam stärker berücksichtigt werden sollte.

Es ist ganz großes Märchenkino, wie MK das islamische Glaubensbekenntnis zu einem freiheitlichen Ansatz umdeutet: „Der Ruf des Korans zum Glauben an den einen Gott ist ein Ruf, sich zur Freiheit zu bekennen.“ Er meint damit u.a., sich vom Polytheismus zu befreien und genau hier sind wir bei der Trinität Gottes, dem Kern des Christentums. An Gott Vater, Gott Sohn und den Heiligen Geist zu glauben, gilt dem Islam als die größte, unvergebbare Sünde.

MK sieht im Vorgehen der deutschen Regierung mit dem Religionsunterricht gute Ansätze, die allerdings in das alte, konservative Islam-Verständnis abdriften. „Es besteht noch Handlungsbedarf in wichtigen Fragen wie der Imamausbildung oder der Förderung der liberalen Gemeinden."

Der Beitrag von Ulf Poschardt nennt Fakten, die nach meinem Gefühl so sind. „Gerade im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist eine politische Schlagseite entstanden, die zu scharfer Kritik in den Sozialen Medien geführt hat.“ Zurecht, denn ein Herr Böhmermann möchte dort anordnen, wer gefragt werden kann und wer nicht in seine Qualität passt. Eine Journalistin beim Spiegel ist stolz darauf, Regierungssprecherin zu werden - man versteht das nicht mehr. Kritischer Journalismus wird immer mehr durch moralische Haltungen ersetzt. Es stimmt: „Zu viele Journalisten haben sich als Transmissionsriemen gesellschaftlicher Prozesse verstanden, der das Gelingen des „Merkel’schen Wir schaffen das“ sicherstellen sollte.
Völlig ungewohnt ist für UP die Rolle linker Medien: „Sie sind zum Verklärer staatlichen Handelns geworden.“ Die Forderer und Förderer höchste moralischer Standards werden so zum Totengräber journalistischer Standards, die gerne jene verhöhnen, die sich von ihnen abwenden und objektiv informiert werden wollen. Wer einfach schreibt, was ist, ohne zu viel Haltungszeigefinger, der wird auch morgen dabei sein, UP hat völlig Recht. Ich sehe die größte Verantwortung bei linken Journalisten, die mit ihrem Vorgehen eine tiefe Spaltung der Gesellschaft vornehmen, wie in Amerika. „Im Zentrum aller Medien muss wieder der mündige Bürger stehen, den man mit Argumenten, Pluralismus und Respekt ernst nimmt.“ Und nicht mit Angst und Manipulation traktiert.

Nein, die Einleitung des Herrn Steinmeier habe ich nicht gelesen. Im Wesentlichen auch deshalb, weil ich meine Unschuld verloren habe, seit ich spazieren gehe. Zum Zweiten lese ich keine Artikel oder Reden, die von Redenschreibern oder einer ganzen Batterie von Textern verfasst wurden. Demokratische Institutionen, um mich wenigstens auf den letzten Satz zu beziehen, leben vor allem davon, dass demokratisch gewählte Parteien nicht ausgegrenzt werden.

Nein, Herr Steinmeier, selbst die AfD stemmt sich nicht gegen Individualisierung, Pluralisierung, Europäisierung oder Globalisierung. Es kommt lediglich darauf an, diese Facetten nicht unter dem Diktat einseitig moralischer Interessen und Parteien zu tun. Enzensberger hat die notwendige Mahnung schon1994 beschrieben: „In der Abenddämmerung der Sozialdemokratie hat dagegen Rousseau noch einmal gesiegt. Sie haben nicht die Produktionsmittel, sondern die Therapie verstaatlicht. Dass der Mensch von Natur aus gut sei, diese merkwürdige Idee hat in der Sozialarbeit ihr letztes Reservat. Pastorale Motive gehen dabei eine seltsame Mischung ein mit angejahrten Milieu- und Sozialisationstheorien und mit einer entkernten Version der Psychoanalyse. Solche Vormünder nehmen in ihrer grenzenlosen Gutmütigkeit den Verirrten jede Verantwortung für ihr Handeln ab.“ („Aussichten auf den Bürgerkrieg“, 1994, S. 37)

Hier und in der Ausgrenzung bürgerlicher Sichtweisen liegt die zentrale Problematik sowohl der SPD als auch der Grünen. Republikanische Leidenschaft ist sachlich bürgerliches Tun, Innovationen, Ideen und kreatives Unternehmen jener Dinge, die uns voranbringen, in Verantwortung für uns und die Umwelt. Was Marcel Reich-Ranicki hier zum Ausdruck bringt, überspitzt etwas, trifft aber den Kern der Dinge: „Die anständigen Menschen arbeiten um des Ruhms und des Geldes willen, die unanständigen wollen die Welt verändern und die Menschen erlösen.“

Die EU wird solange bestehen als Deutschland bezahlt, keinen Tag länger. Es kann nicht sein, dass in Italien oder Griechenland die Renten höher sind als bei uns, dass es nicht gelingt, wenigstens einmal in der Flüchtlingsaufnahme Gleichklang unter den aufnehmenden Staaten zu erzielen. Es kann auch keinesfalls sein, dass Kritik an Religionen als Feindlichkeit den Religionen gegenüber angesehen wird. Ohne diese Kritik wäre bei uns niemals die europäische Aufklärung entstanden, Fortschritt und Wissenschaft.
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Gekennzeichnet
Clu98 | Feb 18, 2023 |

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