Walter Lord (1917–2002)

Walter Lords Darstellung des Untergangs der Titanic gilt zu Recht als Klassiker. Über 60 Überlebende hat er befragt und minutiös die letzte Nacht dieses Schiffes dargestellt. Dass dabei kaum etwas darüber zu finden ist, wie es den Passagieren der dritten Klasse beim Untergang ging, ist der Tatsache geschuldet, dass aus den unteren Klassen kaum jemand überlebt hat und so die noch lebenden Augenzeugen, mit denen Lord gesprochen hat, mehr über die Besatzung und die erste Klasse erzählen konnten. Das wird auch von Lord selbst reflektiert: Der Teil des Buches, in dem er über die zeitgeschichtliche Einordnung und damit einhergehende Symbolik dieses Untergangs schreibt (Seite 132 ff.) ist einer der interessantesten Teile.
Als das Buch erschien, war es mit Sicherheit sehr neuartig, mittlerweile kann sich wohl niemand den Untergang der Titanic noch ohne die Bilder aus Cameron´s Film vorstellen, gesetzt den Fall natürlich, man hat den Film gesehen. Lord wirkte bei Cameron als Berater mit. Der Film endet allerdings weitgehend mit dem Untergang, so dass das Buch, das die Rettung schildert, hier noch weiter reicht. Ich fand das sehr interessant.
Und natürlich ist es auch herzzerreißend: Mir war nicht wirklich bewusst, wie streng die Vorgabe "Frauen und Kinder zuerst" mitunter ausgelegt wurde. Dass auch Jungen mit 10, 11, 12, 13 Jahren nicht mehr auf die Boote durften, fand ich ausgesprochen traurig. Wie es jemandem gehen mag, der im Rettungsboot sitzt und sieht, wie die eigenen Lieben untergehen, kann man sich auch trotz der Lektüre nicht wirklich vorstellen.
Und wie es denjenigen ging, die eingepfercht in der dritten Klasse waren: Ihre Geschichten werden nicht mehr erzählt.… (mehr)