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Lädt ... Die Hauptstadt (2017)von Robert Menasse
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Melde dich bei LibraryThing an um herauszufinden, ob du dieses Buch mögen würdest. Keine aktuelle Diskussion zu diesem Buch. Am Anfang stehen ein Mord, ein freilaufendes Schwein und ein Umzug in ein Pflegeheim, und das alles in Brüssel, dem Sitz der Institutionen der EU. Um letztere geht es Menasse in seinem Buch, um ihre Krise und ungewisse Zukunft. Aufhänger ist der Plan, dem sinkenden Ansehen der EU-Kommission durch eine Jubiläumsfeier wieder Aufwind zu verleihen. In diesen Kontext dröselt Menasse dann, oft gekonnt, all die Verstrickungen und Aporien, die durch das Aufeinanderprallen von europäischem Geist (die EU-Beamten) und nationalstaatlicher Loyalität (die von den Ländern entsandten Beamten) auf. Trotzdem hat mich das Buch nicht ganz erreicht. Alle seine Protagonistinnen und -isten sind mir zu einsam, zu misanthropisch oder zu überfordert mit der Existenz anderer Menschen. Zur bourgeoisen Blasiertheit, die Menasse so mancher seiner Figuren andichtet, findet er selbst keine Distanz, mit all den bildungsbürgerlichen Andeutungen und polyglotten Passagen auf flämisch, französisch, englisch usw. Menasse macht sein Buch am Ende zu einem Plädoyer für eine Verfassung der EU als Republik zu Überwindung der Nationalstaaten. Aber taugen "Nie wieder Auschwitz" und Menasses ziemlich pessimistisches Menschenbild als tragfähige Grundlage für ein vereintes Europa? Kann das gelingen ohne einen positiven Entwurf, ohne konkretere Perspektive, nur als Mittel zur Abwehr geschichtlicher Katastrophen? Der Roman ist eigentlich nicht schlecht, er hat seine starken Passagen. Am Ende ist jedoch nur eine Geschichte von mindestens dreien zu Ende erzählt. Was ist mit den anderen? Kommt da noch ein zweiter Band? Und wo wäre dann der Cliffhanger gewesen? „Wir haben Experten für alles, sagte Hidekuti. Wir können Regen machen, und wir können das so machen, dass die Kommission im Regen steht.“ (Zitat Seite 330) Inhalt: Fenia „Xeno“ Xenopoulou hat Wirtschaft studiert, doch der erhoffte Aufstieg innerhalb der Europäischen Kommission beförderte sie ausgerechnet ins Kultur Ressort, als Leiterin der Direktion C, Kommunikation. Dies möchte sie rasch ändern und zumindest wieder ins Ressort Handel zurück. Gleichzeitig sucht Grace Atkinson, die neue Generaldirektorin des Kommunikationsdienstes nach einer zündenden Idee, das Image der Europäischen Kommission bei den EU Bürgern zu verbessern, das 50 Jahre-Jubiläum in zwei Jahren scheint ihr der perfekte Anlass. Fenia Xenopoulou wiederum sieht eine Chance, sich zu profilieren und erklärt das Big Jubilee Project zu einer Sache des Ressorts Kultur. Ihr Mitarbeiter Dr. Martin Susman kommt von einem Besuch in Auschwitz zurück und hat eine Idee für das Jubiläumsprojekt. Die Überlebenden von Auschwitz, die der Wunsch nach einem Leben in Würde und Freiheit einte. Doch wo findet man diese Überlebenden? Neue Visionen zur Zukunft der EU „New Pact for Europe“ sind auch das Thema eines Think-Tank aus internationalen Fachleuten, dem auch der österreichische Professor DDr. Alois Erhart. Er schlägt dem Gremium die Errichtung einer neuen Hauptstadt vor … Für weitere Verwirrung sorgt ein Schwein, das durch Brüssel irrt und ein Mord im Hotel Atlas, den Kommissar Brunfaut untersuchen will, aber nicht darf. In seinem Europa-Roman stellt der Autor die Hauptpersonen, um die er seine Geschichte entwickelt, dem Leser vor, indem er sie durch eine Gemeinsamkeit eint: alle sehen ein Schwein, das durch Brüssel läuft und einen keineswegs friedlichen Eindruck macht. Dies sind die ehrgeizige Fenia „Xeno“ Xenopoulou, gegen ihre Wünsche ins Kultur Ressort befördert und Kai-Uwe Frigge, Kabinettchef Generaldirektion Handel, mit dem sie eine lockere Beziehung hat; Dr. Martin Susman, Mitarbeiter in ihrem Team, Kind österreichischer Bauern, dessen Bruder Florian den elterlichen Schweinemastbetrieb erfolgreich weiterführt; Ryszard „Mateusz“ Oswiecki, der einen Auftrag ausgeführt hat und untertaucht; David de Vriend, der in Brüssel lebt, Auschwitz überlebt hat und gerade in ein Altersheim übersiedelt ist; Prof. DDr. Alois Erhart, auch im Alter noch damit beschäftigt ist, seine Kindheit zu verarbeiten und endlich seine eigenen Visionen findet; Kommissar Emile Brunfaut der einen Mordfall vergessen soll, statt ihn aufzuklären. Jede dieser Hauptpersonen hat ihre eigene Geschichte, die Menasse erzählt, teilweise durch Rückblenden, vor allem aber, indem er uns an ihren Gedanken teilhaben lässt. Dadurch erklären sich Verhaltensweisen und Handlungen. Manche der Personen kennen einander, andere begegnen sich, verharren jedoch in der Anonymität der Großstadt und als Leser möchte ihnen zurufen, doch miteinander zu reden, weil es wichtig wäre. Die Sprachenvielfalt in Brüssel macht die Kommunikation nicht einfacher. Robert Menasse beschreibt in diesem Roman das Gefüge der Europäischen Union, Abläufe in der Bürokratie von Brüssel, und dies alles so realistisch, dass es genau so passiert sein könnte, teilweise auch ist. Ähnliche Personen wie die Hauptakteure seiner Geschichte kennen wir alle. Kritisch werden Verträge hinterfragt, die internen Querelen nachvollzogen, aber Kernstück ist die Frage nach der Eigenständigkeit der Nationen unter der Idee einer supranationalen Zukunft – und der nach wie vor aktuelle Umgang mit der Vergangenheit. Die parallel laufenden Einzelschicksale machen die Geschichte spannend, dazu kommt die gekonnte sprachliche Qualität, die Lesevergnügen garantiert. Besonders die genialen philosophischen Betrachtungen über Dinge wie Senf und Insekten, die der Autor Dr. Martin Susman anstellen lässt, sind skurril, geistreich und witzig. Leider lässt die Spannung in der zweiten Hälfte des Buches etwas nach, der Autor will uns hier meiner Meinung nach einfach zu viel über Abläufe in der EU und in den Kommissionen mitteilen und auch die langatmigen inneren Selbstdialoge von Prof. Erhart haben dazu geführt, dass mich der Autor kurzzeitig verloren hat, die Geschichte schien mir irgendwie in Nebensächlichkeiten auszufransen. Dann jedoch führt der Autor die Personen im Finale nochmals zusammen und lässt das Schicksal einen gewaltigen Schlusspunkt setzen. Beim Erscheinen dieses Romans war ich natürlich gespannt, aber die Leseprobe hat mich eher ratlos gemacht. Als Österreicherin kannte ich Menasse bisher nur als Essayist und dieser Roman schien für mich in Richtung Essay, zum Ganzen zusammengefügt, zu gehen. Doch trotz kleiner Einschränkungen hat mich dieser Roman überzeugt und ich habe ihn mit Vergnügen gelesen. Ich empfehle ihn für Leser, die am Thema Europa uinteressiert sind und mögliche Lösungswege für eine gemeinsame Zukunft, und an mit ihren Eigenheiten nur allzu menschlichen Personen. Wenn sie zu wissen glauben, dass EPP für European People's Party, Europäische Volkspartei, steht, dann sollten sie lesen, was Menasse dazu eingefallen ist. Was war denn da mit der Jury los? Der Buchpreisgewinner 2017 ist sehr gut lesbar, spannend, humorvoll und intelligent! Ein echtes Highlight. Es ist unheimlich lesenswert, was Menasse in seinem Roman mit der Brüsseler Bürokratie macht. Das Thema "Europa" ist wunderbar gewählt. Und Menasses Gedanken sind klug, seine Auseinandersetzung mit der Nationalstaatlichkeit und ihrer Überwindung bedenkenswert. Ein europäischer Pass, wäre das nicht klug? "Wenn Staaten das Gefühl haben, sie fahren im Alleingang besser, dann verteidigen sie nationale Interessen. Wenn sie das Gefühl haben, sie sind alleine zu schwach, dann fordern sie die ganze Maschinerie der EU ein.", so schreibt Menasse in einem Interview. Das Buch zeigt charmant und elegant eine der größten Fragen der heutigen Zeit auf und ist deshalb ein äußerst würdiger Buchpreis-Gewinner. Es gibt im Netz einige Video-Beiträge Menasses, die ich ebenfalls unbedingt empfehlen würde. keine Rezensionen | Rezension hinzufügen
In Bru?ssel laufen die Fa?den zusammen ? und ein Schwein durch die Straßen. 0Fenia Xenopoulou, Beamtin in der Generaldirektion Kultur der Europa?ischen Kommission, steht vor einer schwierigen Aufgabe. Sie soll das Image der Kommission aufpolieren. Aber wie? Sie beauftragt den Referenten Martin Susman, eine Idee zu entwickeln. Die Idee nimmt Gestalt an ? die Gestalt eines Gespensts aus der Geschichte, das fu?r Unruhe in den EU-Institutionen sorgt. David de Vriend da?mmert in einem Altenheim gegenu?ber dem Bru?sseler Friedhof seinem Tod entgegen. Als Kind ist er von einem Deportationszug gesprungen, der seine Eltern in den Tod fu?hrte. Nun soll er bezeugen, was er im Begriff ist zu vergessen. Auch Kommissar Brunfaut steht vor einer schwierigen Aufgabe. Er muss aus politischen Gru?nden einen Mordfall auf sich beruhen lassen; 'zu den Akten legen' wa?re zu viel gesagt, denn die sind unauffindbar. Und Alois Erhart, Emeritus der Volkswirtschaft, soll in einem Think-Tank der Kommission vor den Denkbeauftragten aller La?nder Worte sprechen, die seine letzten sein ko?nnten. 0In seinem neuen Roman spannt Robert Menasse einen weiten Bogen zwischen den Zeiten, den Nationen, dem Unausweichlichen und der Ironie des Schicksals, zwischen kleinlicher Bu?rokratie und großen Gefu?hlen. 0Und was macht Bru?ssel? Es sucht einen Namen ? fu?r das Schwein, das durch die Straßen la?uft. Und David de Vriend bekommt ein Begra?bnis, das stillschweigend zum Begra?bnis einer ganzen Epoche wird: der Epoche der Scham. Keine Bibliotheksbeschreibungen gefunden. |
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Google Books — Lädt ... GenresMelvil Decimal System (DDC)833.914Literature German literature and literatures of related languages German fiction Modern period (1900-) 1900-1990 1945-1990Klassifikation der Library of Congress [LCC] (USA)BewertungDurchschnitt:
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Robert Menasse hat einen Roman über die europäische Hauptstadt Brüssel und die Europäische Union geschaffen. Er zeigt auf, dass Anspruch und Wirkung beziehungsweise Außenwahrnehmung oftmals auseinanderklaffen. Bürokratie, nationale Interessen, Lobbying und politische Intrigen der EU und Ihres Beamtenapparates werden meisterhaft dargestellt und gibt der Roman Einblick in die europäische Geschichte und die Willensbildung der EU.
Fraglich bleibt aber, weshalb Menasse sich nicht darauf beschränkt, sondern zudem noch ein Mordkomplott und zahlreiche Absurditäten in den ohnedies prall gefüllten Plot zu packen versucht. Das Buch ist ein Pageturner, dass sich letztlich aber in Verästelungen verirrt. Dies mag als Symbol für die Brüsseler Bürokratie durchaus passend erscheinen, im Hinblick auf die angerissene Kriminalhandlung und weitere Erzählfragmente enttäuscht aber das abrupte (zumindest im Hinblick auf Nebenstränge der Handlung schlusslose) Finale. ( )