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Lädt ... Stern 111von Lutz Seiler
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Melde dich bei LibraryThing an um herauszufinden, ob du dieses Buch mögen würdest. Keine aktuelle Diskussion zu diesem Buch. Familie Bischoff wohnt in Gera, und im Herbst 1989 beschließen die Eltern, ihrer Heimat den Rücken zu kehren und gehen in den Westen. Ihr Sohn Carl, der schon länger nicht mehr bei Ihnen wohnte, soll die Stellung in Gera halten, sich um Auto und Wohnung kümmern. Und auch wenn der Kontakt zwischen Eltern und Sohn fast abgebrochen war, fühlt Carl sich nun verlassen - und fährt mit dem Auto seiner Eltern nach Berlin. Dort findet er Aufnahme in der Hausbesetzerszene, versucht, seinen Traum, anerkannter Lyriker zu werden, zu verfolgen, jobbt als Kellner in der Hausbesetzerkneipe Assel und trifft auch alte Bekannte, tritt aber irgendwie auch auf der Stelle. Und das machte die ersten zwei Drittel des Romans für mich sehr langatmig. Interessanter waren da die eingestreuten Briefe der Mutter, die Carl von ihren Erlebnissen im Westen berichtete - erst (geplant) auf gut Glück von ihrem Mann getrennt, dann der gemeinsame weitere Weg. Doch auch in diesen Briefen wird das Ziel, das die Eltern verfolgen, erst sehr spät klar. Das letzte Drittel des Romans, in dem es nun endlich um das Ziel der Eltern geht, kann man auch wieder von Handlung sprechen - und Carl wird irgendwie erwachsen, auch wenn er es den Eltern (zunächst?) übelnimmt, in deren Pläne nicht eingeweiht worden zu sein (für mich aber vor dem Hintergrund DDR verständlich). Mein Fazit ist gemischt: Auch wenn ich gerne und viel lese - bei Buchpreisträgerbüchern springt der Funke bei mir eher nicht über. So auch hier, obwohl mir der Schreibstil gefiel. Die ersten beiden Abschnitten zogen sich aber nach meinem Empfinden wie Kaugummi, zumindest im dritten Abschnitt war dann eine gewissen Progression der Erzählung festzustellen. Ja, der Roman hat einiges an Erinnerungen geweckt, eher schade fand ich, dass manche Szenen dann doch eher Tagträumen entsprachen. Ein Roman, der Durchhaltevermögen braucht. [im Rahmen einer Leserunde gelesen] Unmittelbar nach dem „Mauerfall“ verlässt das Ehepaar Bischoff die zusammengebrochene DDR und lässt alles zurück: Haus, Auto, den gesamten Besitz - und den erwachsenen Sohn Carl. Der erfährt erst am Vorabend der Abreise von den Plänen der Eltern und soll sich nun um alles kümmern. Carl ist mit dieser Aufgabe überfordert und „flüchtet“ nach Berlin Mitte, wo er eher zufällig in die Hausbesetzer-Szene gerät. Hier führt er ein unstetes Leben zwischen der „Aguerilla“, einer unglücklichen Beziehung mit seiner Jugendliebe Effi und der ersten illegalen Berliner Kellerkneipe „Assel“, die er mit aufbaut und betreut. Dabei ist er immer auf der Suche nach einer genialen Formulierung für sein nächstes Gedicht, um seinem Lebenstraum, als Dichter anerkannt zu werden, näher zu kommen. Während dessen verfolgen seine Eltern „im Westen“ über die Stationen Notaufnahmelager, Durchgangsheim, über verschiedene Anstellungen und Ausbeutungen ihren eigenen Lebenstraum, von dem sie dem Sohn nie berichtet haben und den er – und die Leser*innen – erst ganz am Ende erfahren. So zeichnet der Autor ein Panoptikum sowohl des anarchischen Berlins der Nachwendezeit (die mir an einigen Stellen etwas zu ausschweiend und verwirrend geschildert ist) als auch der Nachwendesituation für Ostdeutsche in Westdeutschland. Dabei folgt er Carl als Protagonisten; die Erlebnisse der Eltern werden nur indirekt über die Briefe der Mutter dargestellt (hier hätte ich mir einen ausführlicheren Blick insbesondere auf die Sicht des Vaters gewünscht). Trotz dieser kleinen Einschränkungen eine spannende Geschichte über die Nachwendezeit; sehr berührend sind dabei für mich die Darstellung der unglücklichen Beziehung zu Effi und des Ringens um das perfekte Gedicht. Zeige 3 von 3 keine Rezensionen | Rezension hinzufügen
AuszeichnungenPrestigeträchtige Auswahlen
Preis der Leipziger Buchmesse 2020 Zwei Tage nach dem Fall der Mauer verla?sst das Ehepaar Bischoff sein altes Leben? die Wohnung, den Garten, seine Arbeit und das Land. Ihre Reise fu?hrt die beiden Fu?nfzigja?hrigen weit hinaus: U?ber Notaufnahmelager und Durchgangswohnheime folgen sie einem lange gehegten Traum, einem 'Lebensgeheimnis', von dem selbst ihr Sohn Carl nichts weiss. Carl wiederum, der den Auftrag verweigert, das elterliche Erbe zu u?bernehmen, flieht nach Berlin. Er lebt auf der Strasse, bis er in den Kreis des 'klugen Rudels' aufgenommen wird, einer Gruppe junger Frauen und Ma?nner, die dunkle Gescha?fte, einen Guerillakampf um leerstehende Ha?user und die Kellerkneipe Assel betreibt. Im U-Boot der Assel schlingert Carl durch das archaische Chaos der Nachwendezeit, immer in der Hoffnung, Effi wiederzusehen, 'die einzige Frau, in die er je verliebt gewesen war'.0Ein Panorama der ersten Nachwendejahre in Ost und West, ausgezeichnet mit dem Preis der Leipziger Buchmesse: Nach dem pra?mierten Bestseller Kruso fu?hrt Lutz Seiler die Geschichte in zwei grossen Erza?hlbo?gen fort ? in einem Roadtrip, der seine Bahn um den halben Erdball zieht, und in einem Berlin-Roman, der uns die ersten Tage einer neuen Welt vor Augen fu?hrt. Und ganz nebenbei wird die Geschichte einer Familie erza?hlt, die der Herbst 89 sprengt und die nun versuchen muss, neu zueinander zu finden. Keine Bibliotheksbeschreibungen gefunden. |
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Google Books — Lädt ... GenresMelvil Decimal System (DDC)833.92Literature German literature and literatures of related languages German fiction Modern period (1900-) 1990-Klassifikation der Library of Congress [LCC] (USA)BewertungDurchschnitt:
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Inhalt
Seine Eltern bitten Carl Bischoff, Student, sechsundzwanzig Jahre alt, nach Hause zu kommen, da sie mit ihm etwas besprechen wollen. Nach Hause, das ist Gera, gerade ist die Mauer gefallen und seine Eltern Walter und Inge, fünfzig und neunundvierzig Jahre alt, teilen ihm mit, dass sie weggehen. Er möge bitte auf die elterliche Wohnung aufpassen. Doch Carl kommt mit der Situation allein nicht zurecht und fährt nach Berlin. „Wie seine Eltern hatte er keine Adresse vor Augen gehabt, er war abgefahren ohne Ziel, nur mit irgendeiner Phantasie im Kopf, bei der man nicht wohnen konnte.“ (Zitat Seite 55). Er schließt sich einer Gruppe von Hausbesetzern an und bezieht selbst eine Wohnung in einem Abbruchhaus. Eine Werkbank, die jemand zurückgelassen hat, wird sein Schreibtisch. Dort verbringt er seine Zeit, schreibt an seinen Gedichten, hofft auf den Durchbruch, träumt davon, sein erstes eigenes Buch in Händen zu halten. Gleichzeitig hilft er mit, das Kellerlokal Assel als Treffpunkt, Kaffeekneipe auszubauen, als Asyl für die unterschiedlichsten Menschen, Außenseiter der Gesellschaft. Die Briefe seiner Mutter berichten ihm von der Reise seiner Eltern auf dem Weg zur Erfüllung eines jahrzehntealten Traumes.
Thema und Genre
In diesem Roman geht es um die Nachwendezeit in Deutschland, um viele Facetten von Zusammenhalt, Freundschaft und Liebe, um Hoffnungen, Chancen und Träume, aber auch um die mit den raschen Veränderungen verbundene Unsicherheit und Ängste.
Charaktere
Carl hat in diesen Jahren direkt nach dem Wendejahr 1989 sein eigenes Leben noch nicht entdeckt, zutiefst unsicher, zweifelt er an seinem Erfolg als Schriftsteller und die Angst vor Absagen blockiert ihn. Obwohl Carl mit Mitte Zwanzig zu diesem Zeitpunkt längst ein eigenes Leben führt, fühlt er sich als Kind, von seinen Eltern im Stich gelassen. Inge, seine Mutter ist dagegen flexibel, passt sich jeder Situation aktiv an, sie entscheidet operativ (eines ihrer Lieblingsworte), will endlich ihren und Walters Traum verwirklichen. Wir lernen in dieser Geschichte viele unterschiedliche Charaktere kennen und neugierig folgen wir ihnen, gespannt, wohin sie der Weg führen wird. Kurz treffen wir auch Ed und Kruso in Berlin wieder.
Handlung und Schreibstil
Es sind zwei Geschichten, die uns der Autor hier erzählt. Die erste, in deren Mittelpunkt Carl, ein angehender, junger Schriftsteller steht, spielt im gerade wieder vereinten Berlin, wo nicht nur die Menschen selbst, sondern auch die Stadt auf der Suche nach einem Weg aus dem Chaos in die Zukunft zu sein scheint. Die zweite Handlung erzählt von den Problemen und der schwierigen Situation jener Menschen, die Ostdeutschland sofort verlassen und im Westen auf einen Neubeginn hoffen.
Stern 111, der Titel, ist die Marke eines Kofferradios, das damals die erste Anschaffung der jungen Familie Bischoff gewesen ist und die Familie all die Jahre begleitet hat, ein Symbol ihrer Zusammengehörigkeit. Damals waren es die gemeinsam gehörte Musik und Meldungen, nun ersetzt durch die Berichte in den Briefen seiner Mutter. Die Ereignisse in der Gegenwart werden ergänzt durch Erinnerungen. Es sind einzelne Situationen oder Worte, die Carl zurück in seine Kindheit führen, nach Gera und in die Geborgenheit der Familie, die plötzlich im Jahr 1989 zu Ende ist. Als er in Berlin seine Liebe Effi wiedersieht und von einer gemeinsamen Zukunft träumt, ist es daher für Carl nicht einfach für sich selbst zu definieren, wie „zusammen sein“ funktioniert.
Faszinierend ist auch in diesem Roman die eindrückliche, aber gleichzeitig unglaublich leichte, lebhafte Erzählsprache des Autors.
Fazit
Der Autor ist ein großartiger Erzähler, der seinen Figuren auf ihrem Weg viel Freiraum lässt, man hat den Eindruck, er folgt ihnen nicht nur mit Empathie, sondern er ist selbst neugierig, wie und ob sie ihre Konflikte und Probleme lösen können, den eigenen Lebensweg entdecken. Ein ungewöhnlicher, packender Nachwende-Roman, den man mit Begeisterung liest. ( )