Offen, ehrlich und frech erzählt Irene Dische mit den Augen und Worten ihrer Großmutter ihre Familiengeschichte. Amüsant und tragisch zugleich kann ich dieses Buch jedem empfehlen, der sich für die Schicksale deutsch-jüdischer Auswanderer-/Flüchtlingsfamilien vor, während und nach dem Dritten Reich interessiert. ( )

Die Autorin beschreibt das Leben ihrer Großmutter aus der Sicht der Großmutter und findet damit eine neue Form der Biografie,Elisabeth Rother, Katholikin, Krankenschwester,lernt den begnadeten Chirurgen Carl Rother kennen und heiratet ihn.
Der eheliche Beischlaf ist ihr zu wider, sie hat keine Freude daran und entzieht sich ihrem Mann, wo sie nur kann. Eine Tochter wird geboren, Renate. Man übersiedelt nach Breslau. Liesel, die einfache Frau und Haushälterin kommt mit und bleibt der Familie bis an ihr Lebensende treu ergeben. Sie erzieht Renate, während Großmama mit in der Klinik arbeitet. Doch dann kommt die Naziherrschaft und Carl, der zwar Katholik ist, aber auch jüdischer Abstammung, erhält ein Berufsverbot. Er darf nur noch Juden behandeln. Die Sitzuation spitzt sich zu und die Familie übersiedelt nach Amerika. In sehr bescheidenen Verhältnissen mit Hilfe der katholischen Kirche richten sich die Rothers in ihrer neuen Umgebung ein. Renate wächst heran und will ebenfalls Medizin studieren. Sie wird Pathologin und lernt den wesentlich älteren jüdischen "Dische" kennen. Sie heiratet ihn gegen den Willen der Eltern und bekommt zwei Kinder von ihm. Carlchen und Irene. Großmutter ist inzwischen unglaublich übergewichtig und muss mit ansehen, dass Carl sie mit ihrer Nachbarin Margie betrügt, die später an Alkohlismus stirbt. Großmama mischt sich in jedes Leben der Familienmitglieder ein, nervt alle mit ihren Krankheiten und ihrem bevorstehenden Tod. Eine besondere Beziehung hat sie zu ihrer Enkelin Irene, die sich von keine Autorität etwas sagen läßt. Sie schmeißt jede Schule, will aber in Harvard studieren, trmpt von dem Geld für ein Konservatorium in Österreich durch die Türkei bis in den Iran. ( Lesprobe S. 270) Insgesamt eine lesenswerte Familiengeschichte, ungeschönt, mit einigen Längen, die vor allem die Großmutter selbst in ein realistisches Bild rückt und die Anmaßungen und die Selbstherrlichkeit dieser Generation gegenüber ihren Kinder und Kindeskindern herausarbeitet. ( )

Beschreibung aus buchkatalog.de: In einer rasant erzählten, ebenso komischen wie furchtlosen Familiensaga verleiht Irene Dische ihrer Großmutter eine ganz eigene Stimme. Die gute Katholikin Elisabeth Rother kennt kein Tabu, ganz egal, ob es sich um ihr Ehebett, um die Juden, um den Lieben Gott oder um die Gestapo handelt. Allerdings gibt es keine Katastrophe, nicht einmal die Flucht nach Amerika oder der Zweite Weltkrieg, die sie so sehr beschäftigt wie ihr weitverzweigter Clan.
Irene Dische löst auf virtuose Weise ein ewiges Problem der Literatur: das der Autobiographie. Bekanntlich verstrickt sich jeder in ein Lügenknäuel, der sein eigenes Leben beschreiben will. Aus diesem Dilemma befreit sich die Autorin, indem sie sich dem gnadenlosen Blick ihrer überlebensgroßen Großmama aussetzt. "Großmama packt aus" ist eine anrührende und tragisch-komische, deutsch-jüdische Geschichte aus dem schrecklichen Zwanzigsten Jahrhundert. ( )