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Beinhaltet den Namen: Bettina Röhl

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Wie empfindet man die Welt aus der Sicht ein Kind, das miterleben muss, wie die Mutter in das radikale Milieu abgleitet und die eigenen Kinder in Palästina erziehen lassen will? Die Geschichte von Bettina Röhl (BR) ist ein Schock, es ist Spannung pur und besser als jeder Krimi, den sich die Öffentlich-Rechtlichen bemühen, uns inzwischen stündlich zu servieren.

BR schreibt in einer Fähigkeit, Stimmungen wirklich anschaulich und erinnerungsstark zu umschreiben, längere und kürzere Momente, die einfach lesenswert sind. Zum Beispiel die Besuche eines Mannes, der seit Jahrzehnten den gleichen Pulli trägt und begeisternd seine Reden vorträgt, jeden direkt beeinflussen, überzeugen will, ein Getriebener seiner idealistischen Ideen, ein Weltverbesserer ohne Gnade. Man ahnt, auf wen es zuläuft, ein Mann, der bei äußerer Bescheidenheit doch (welch ein schönes Wort) „mittelpunktbedürftig“ ist, mit dem sie gerne spielt und der eine wissende Überlegenheit ausstrahlt. Er sprach immer mit den Kindern, brachte immer Geschenke mit, BR empfing ihn logischerweise immer mit einem Lächeln: Rudi Dutschke.

Von dieser kindlichen Sichtweise blicken wir auf Kolumnen der Mutter in der Zeitschrift Konkret und sind mitten im Geschichtsunterricht über die 68er. Ulrike Meinhof (UM) ist der Meinung, der damaligen Bundesrepublik muss es erst wieder schlecht gehen, damit die Linke eine Chance hat. Sie meinte, dass Franz-Josef Strauß zusammen mit der NPD ab 69 das Land beherrschen, wieder in einen N*Staat abgleiten würde. War es damals schon absurd, so spürt man heute, wie sehr diese Drohszenarien der inzwischen Mainstream gewordenen Alt 68-er am Leben völlig vorbeizielen.

Der Wohlstand, an dem alle ersticken, das war UM's Problem. Ulrike Meinhof wollte die schweigende, genießende Mehrheit aus ihrer Lethargie wecken und einer höheren Gerechtigkeit, der Linken halt, zuführen. Heute leben wir seit gefühlten hundert Jahren in einer Großen Koalition und das Schwert der drohenden N*Gefahr wird von den arrivierten Alt 68ern flächendeckend über Medien und Politik als Untergangsszenario an die Wand gemalt. Schnell gelernt und verinnerlicht, was man damals aus der Vereinigten Linken in das verhasste Bürgertum (alles N.*) schoss.

Das Problem aller linken Bewegungen ist ihre grenzenlos beglückende, quasi religiöse Legitimierung, im Grunde mit göttlichen Bezügen, die gerade aus diesem enthusiastisch-glücklichen Zielen weit weg vom menschlichen Leben argumentieren und auf den Altären ihrer Ideologie vieles Menschliche opferten und intolerante Züge annahmen. Heute ist diese Ideologie nicht mehr auf Deutschland beschränkt, längst nehmen ihre Befürworter die Globalisierung als gottgewollt hin und möchten Gerechtigkeit für die ganze Welt errichten. Man könnte hier zurückblickend schlauer werden, wenn man denn Denken wollte, mit Walther Rathenau: „Gerechtigkeit entspringt dem Neid, denn ihr oberster Grundsatz ist: Allen das Gleiche.“

Man kann sich die 60er Jahre gar nicht absurd und weltfremd genug vorstellen und besonders betroffen bin ich immer noch von einem Artikel von Stefan Aust über LSD und Hippies: „Die Hippies sind die jüngsten Rebellen gegen die Gesellschaft. Sie haben sich die reine Liebe auf Fahnen geschrieben. Sie lieben ihre Eltern, ihre Feinde, ja sogar die Polizei. Vor allem aber liegen sie sich gegenseitig: unter freiem Himmel, in der Kommune, Schlafsack, am Strand, überall. Und unter LSD. Die neue Wunderdroge hat eine neue Liebeswelle ausgelöst.“

Um die Nachkriegszeit zu verstehen und die Wurzeln linken Denkens zu erkennen, dafür ist dieses hervorragende Buch eine Quelle bester Erkenntnisse. Geschichte(n) live sozusagen, aus erster Hand und frischem Erleben. Bettina Röhl hat mit dieser Publikation etwas ganz Besonderes geschaffen, Pflichtlektüre für alle, wenn es um wirklichen Fakten-Check geht, der sich vom ZDF-Historien-TV nicht genügend beglückt sieht. (Geschrieben 2014)
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Clu98 | Feb 24, 2023 |
Bettina Röhl, 1968 in Berlin eingeschult, lernte als Kind viele Protagonisten von 68 kennen. Sie hat 1970 miterlebt, wie Ulrike Meinhof zusammen mit Horst Mahler, Andreas Baader und Gudrun Ensslin die RAF gründete. Die angehende Terrorgruppe verschleppte Bettina Röhl und ihre Schwester Regine im Sommer 1970 in ein Barackenlager auf Sizilien. Nach ihrer Befreiung durch Stefan Aust und Peter Homann wuchsen sie bei ihrem Vater Klaus Rainer Röhl auf. Was dachte, fühlte und schrieb Ulrike Meinhof in den Jahren 1968 und 69, bevor sie in den Untergrund ging? Wie schätzte sie ihre eigene Lage und die der RAF nach ihrer Verhaftung 1972 ein? Bettina Röhl gelingt anhand bisher unveröffentlichter Briefe, Anwaltsakten und Interviews mit wichtigen Zeitzeugen eine noch nie dagewesene Nahaufnahme von Ulrike Meinhof in den Jahren 1968 bis 1974. Ganz nebenbei schreibt die Autorin auch einen Teil ihrer eigenen Biografie. Die großen und leider auch zum Teil tödlichen Irrtümer von 68 haben die Gesellschaft nachhaltig gespalten, Hass hat Hass gesät. Mit großer Liebe, Nachsicht und mit klarem Standpunkt setzt Bettina Röhl in diesem Buch auf Versöhnung.… (mehr)
 
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Aficionado | Apr 12, 2018 |

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