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Heimito von Doderer (1896–1966)

Autor von Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre

55+ Werke 1,168 Mitglieder 12 Rezensionen Lieblingsautor von 11 Lesern

Über den Autor

Bildnachweis: Fritz Kern / © ÖNB/Wien

Werke von Heimito von Doderer

Ein Mord den jeder begeht (1938) 164 Exemplare
Die Wasserfälle von Slunj (1963) 104 Exemplare
The demons, Volume I (1961) 38 Exemplare
The demons, Volume II (1961) 32 Exemplare
Die Erzählungen (1972) 19 Exemplare
Der Grenzwald : Fragment (1989) 19 Exemplare
Das letzte Abenteuer (1981) — Autor — 18 Exemplare
Deutsche Erzählungen 2 (1975) — Herausgeber; Mitwirkender — 12 Exemplare
Das Geheimnis des Reichs (1998) 10 Exemplare
Divertimenti and Variations (1999) 8 Exemplare
Unter schwarzen Sternen (1966) 8 Exemplare
Ein Umweg (1993) 7 Exemplare
Relatos breves y microrrelatos (2008) 6 Exemplare
Frühe Prosa (2008) 6 Exemplare
Mort d'une dame en été (1966) 2 Exemplare
Erzählungen Stories (1964) 1 Exemplar
1976 1 Exemplar
1985 1 Exemplar
Drum cotit 1 Exemplar
Wege und Umwege 1 Exemplar

Zugehörige Werke

Meesters der Duitse vertelkunst (1967) — Autor — 9 Exemplare
Phantastisches Österreich. (1976) — Mitwirkender, einige Ausgaben6 Exemplare
Deutsche Kurzgeschichten : eine Auswahl für mittlere Klassen (1972) — Autor, einige Ausgaben5 Exemplare
Moderne Erzähler 13 — Autor — 2 Exemplare

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Rezensionen

Obwohl der Titel dieses Buches mich angezogen hat, durch seine viel versprechende Aussage einen Mord zu beinhalten, den jeder Mensch begehen würde, war ich am Anfang doch sehr enttäuscht. Statt wie erwartet mit der unmittelbaren Geschichte des Mordes oder wenigstens des Zusammenhangs der Hauptperson, Conrad Castiletz, mit dem Mord darzulegen, beginnt diese Geschichte sozusagen „ab ovum“, also vom Ei her, und erzählt auch die ganze Kinder- und Jugendzeit („Knabenzeit“, wie der Erzähler sich ausdrückt) des Protagonisten, dessen Spitzname „Kokosch“ ist und der die meiste Zeit des Romans nur Castiletz genannt wird. So brauchte ich denn auch in etwa 4 Monate, um das gerade mal 320 Seiten umfassende Werk zu lesen. Während ich am Anfang noch strauchelte und das Buch auch für zwei Monate komplett aus der Hand legte, so habe ich doch zum Ende hin das alles schätzen gelernt und die Wichtigkeit dessen erkannt.
Jedoch nicht nur der Einsatz der Geschichte erschien mir merkwürdig, auch der Stil war sehr gewöhnungsbedürftig, die Sprache sehr formal. Im Hinblick auf die Entstehungszeit des Romans, um 1930, verwunderte mich zwar die Entferntheit der Sprache von unserer heutigen nicht mehr so sehr, doch dies erklärte mir nicht die Herkunft der teilweise sehr wissenschaftlichen, unpassenden und abstrakten Metaphern, die mich beim Lesen des Öfteren verwirrten. Was soll mir zum Beispiel das Bild „fettige Tiefe“ sagen, um nur ein Beispiel zu nennen. Auch an anderer Stelle bemerkt man, dass der Autor, wie ich vermute, aus dem wissenschaftlichen Bereich kam oder sich zumindest mit Wissenschaft viel auseinandergesetzt hatte. Nicht nur die Metaphern und Vergleiche hat er, an einigen Stellen des Buches, von den Naturwissenschaften entlehnt, sondern auch einige Beschreibungen stellen einen Zusammenhang zur Sprachwissenschaft her, geht er doch des Öfteren auch mal auf Zeichen und ihre Bedeutung ein. Nachdem ich mich jedoch an den Stil gewöhnt hatte, der, mit zunehmender Zeit, in der das Buch las, immer mehr zu der Geschichte zu passen schien und dadurch auch genau den richtigen Eindruck bei mir, dem Leser, hervorrief.
Stand ich am Anfang der Kinder- und Jugendzeit des Conrad Castiletz noch skeptisch ob deren Wichtigkeit gegenüber, hat sie im weiter Verlaufe der Geschichte, besonders im hinteren Drittel des Romans immer wieder ihre Relevanz unter Beweis gestellt.
Conrad macht im Verlauf des Romans zunächst einmal keine Entwicklung durch. Er folgt vorgegebenen Wegen und stellt Entscheidungen seines Vaters für ihn nicht in Frage, befolgt dessen Anweisungen und Ratschläge. Nachdem Conrad dann seine Ausbildung zum Tuchhersteller erfolgreich abgeschlossen hat, die ihm vom Vater nach dessen Vorbild ausgesucht wurde, arbeitet er im Tuchherstellungsbetrieb des Herrn Veik, wo er auch nur weiterhin die Anweisungen des Direktors befolgt, immer auch darauf bedacht, nichts falsch zu machen. So prüft er sich denn stets, ob er hier nun die richtige Antwort, in gemessener Höflichkeit und Artigkeit gegeben habe und stellt auch bald fest, dass seine Fehler verschwinden.
Doch Conrads Leben wird bald von dem (vermeintlichen) Raubmord an seiner schönen Schwägerin bestimmt, die er jedoch nie zu Gesicht bekommen hatte. Er setzt alles daran, diesen Unglücksfall aufzuklären und riskiert dabei auch seine Ehe, ohne sich dessen voll und ganz bewusst zu sein. Sein ganzes Leben ist bald nur noch vom Zwang des Aufklärens bestimmt und er glaubt fest daran, dass sich alle Probleme, also auch die in der Ehe, durch die Aufklärung dieses Falls lösen werden. Conrad macht auch gute Fortschritte bei der Aufklärung des Falls, die wohl aber größtenteils der glücklichen Fügung zugeschrieben werden müssen und scheint der Lösung des Falls recht nahe.
An dieser Stelle erwartete mich dann eine große Überraschung. Trotz der vorangehenden Andeutungen, Conrad habe im gleichen Zug gesessen wie die Verstorbene zum Zeitpunkt des Unglücks, wäre ich nie auf die Idee gekommen, er hätte etwas mit dem vermeintlichen Mord zu tun haben können. Doch als genau dies stellte es sich dann heraus. Wenn auch unabsichtlich führte ein dummer Jungenstreich zum Tod der Schwägerin (Näheres möchte ich nun nicht verraten). Doch durch diese Erkenntnis macht Conrad nun endlich die, von mir lang ersehnte und meines Erachtens nach notwendige Wandlung durch, die ihm schon einige Jahre früher gut getan hätte. Diese Wandlung wird dann auf einer der letzten Seiten des Buches auch von einem Freund Conrads mit den treffenden Worten: „Wer diesen Weg bis zum Ende und Kranze geht, gelangt in den Besitz eines Wissens, das nur einer verschwindend kleinen Zahl zuteil wird: nämlich zu wissen, wer eigentlich man selber sei.“ Und wünschen wir uns nicht alle dieses Wissen, auch wenn es „einen bedeutenden Teil der Anstrengungen unseres Lebens bildet“ diesem Weg dorthin du somit auch dem Wissen „ständig auszuweichen“?
Ein Wort noch zum Ende des Buches: Sobald Conrads ersehnte Wandlung eingetreten war, wusste ich auch, was im weiteren Verlauf der Geschichte mit ihm geschehen würde: nämlich sein Tod. Es scheint so, als ob Conrad durch die Erkenntnis, wer er selber sei nun auch seinen Frieden mit der Welt gemacht hat und die angestrebte Lösung erreicht hat und nun friedvoll und mit allem abschließend aus der Welt zu treten. Auch wenn er seinen Tod nicht selbst gewählt hat und auch dieser eher auf einer (glücklichen) schicksalsartigen Fügung beruht, so war das Ende doch genau das, was ich erwartet hatte.
Was jedoch den Titel des Romans anbelangt, bin ich nach dem Lesen nicht viel schlauer als vorher, doch möchte ich meine, noch unausgereiften Überlegungen hierzu, einmal kundtun: Der Mord den jeder begeht, muss sich (zwangsläufig) auf die Erkenntnis unserer selbst beziehen, denn dass ist das einzige, was jeder Mensch (laut Conrads Freund) anstrebt und im Roman dann auch so eine große Stellung einnimmt. Genauer gesagt bezieht sich der Mord auf die Tatsache, dass wir Menschen eben nicht erkennen, wer wir selbst sind und dadurch uns selbst ‚ermorden’. Zu dieser Theorie passt auch hervorragend das Gleichnis der Frau Schubert, die es durch mangelnde Selbstkenntnis und festhalten an gesellschaftlichen Traditionen und Vorstellungen, fast schafft, sich selbst umzubringen, wenn auch ungewollt. Dies erscheint mir doch eindeutig darauf eingelegt zu sein, den Menschen zu zeigen, dass sie lieber sich selbst aufgeben würden, anstatt mit der Gesellschaft zu brechen. Und hat Doderer, der Autor, damit nicht auch recht, denn wie viele von uns schaffen es schon, ein Leben nach ihren Vorstellungen, frei von Zwängen der Eltern, Freunden und sonstigen Gesellschaft zu leben, nur auf dem, was unserer Meinung nach das richtige für uns ist?
… (mehr)
½
 
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Tallulah_Rose | 2 weitere Rezensionen | Nov 30, 2009 |

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