Ein glücklicher Mensch, immer im Jetzt.

Er ist ein wirklich sympathischer Sportsmann, ein Fußballgott für viele, der immer Mensch geblieben ist. Bastian Schweinsteiger wird mit diesem Buch ein echtes Denkmal gesetzt, in so jungen Jahren. Er hat es verdient und ich kann jedem nur dieses spannende, hochemotionale Buch empfehlen, auch wenn man sich nicht für Fußball interessiert.

Martin Suter versteht es meisterhaft, etwas zu destillieren, das über alle denkbaren Lebensentwürfe hinweg jene auszeichnet, die erfolgreich sind. Dies besteht im Wesentlichen aus zwei Elementen:
Basti hatte einfach Freude am Spielen, er erhielt von den Eltern den notwendigen Freiraum, sich zu entwickeln, er durfte draußen spielen und erhielt liebevolle Förderung durch die Eltern. Man kann förmlich die Küche der Mutter riechen und kann die Familie in Oberaudorf gut erfassen. Wir sind dabei, wenn Basti auf die Kirmes, in die Kirche, an der Skihang geht. Und wir sehen das Stück Wiese gegenüber vom Elternhaus, das für ihn und den Bruder angemietet wurde. Es geht weiter nach Rosenheim, München, in die Welt.

Basti lebte immer völlig im Jetzt, über Gestern oder Morgen machte er sich wenig Gedanken. Niederlagen konnte er so schnell abhaken und sich auf das neue Jetzt, das nächste Spiel konzentrieren. Dabei war (und ist) er immer ein fröhlicher, lebenslustiger Mensch ohne Starallüren. Es gelingt ihm leicht, mit anderen in Kontakt zu treten, auch andere bedeutend sein zu lassen.

Ich mag die textliche Herangehensweise von Suter, skizzenhaft verdichtete Momente des Basti, die im Grunde sein damaliges Jetzt antizipieren. Ganz hervorragend die Spiel-Beschreibung des Nationalspielers, der keine Bücher, sondern Spiele liest und sich in ihnen meist traumwandlerisch sicher bewegte. Mann kann so seine herausragenden Spiele nochmals erleben und sehen, wie sehr er Matches dominierte, z.B. das Spiel um Platz 3 der WM 2006 in Stuttgart - unglaubliche Tore!
Selten habe ich eine derartige Mit-Freude mit einem anderen erlebt wie in diesem Buch. Das Kennenlernen von Ana, seiner Frau, in New York, im Plaza Hotel, der Spaziergang im Central Park. Man ist ihm förmlich auf den Fersen, leidet mit ihm und freut sich ob der ganz großen Liebe, der dritten Punkt eines glücklichen Lebens.

Wenn man etwas begeistert und spielerisch tut, muss man ein Leben lang nicht mehr arbeiten. Aber trotzdem leiden. Basti liegt oft monatelang auf der Physio-Couch, wird unzählige Male operiert und kämpft sich wieder ran. Mourinhou lässt ihn fast ein Jahr auf der Ersatzbank schmoren, immer aber kehrt bei ihm die Freude zurück, am Ball, dem Spiel und dem Leben.

Was bleibt bei mir an weiteren Erkenntnissen, z.B. in Bezug auf Trainer:
Magath war kein guter Trainer, ein Schleifer und Lustzerstörer, schon als Spieler mochte ich ihn nicht. Guardiola wird mit allem Geld der Welt nie eine große, traumwandlerisch sichere Mannschaft hinbringen, so wie Jupp Heynckes oder Hitzfeld. Völler, Klinsmann, Löw - spannende Stationen und Menschen, die ihm lagen.

Mitspieler: Oliver Kahn ein schweigsamer Freund, mit wenigen Worten sehr hilfreich, nordet ihn ein. Holger Badstuber, der wohl beste Freund auf dem Rasen und auch privat. Sonst aber erfahren wir wenig zum Verhältnis zu anderen, im Vordergrund steht das Spiel.

Fans: Warum nimmt die Identifizierung mit „Der Mannschaft“ immer mehr ab? Für mich hängt das ursächlich auch mit dem Weggang von Bastian Schweinsteiger zusammen. Er war der letzte Spieler in der Tradition eines Fritz Walter, Beckenbauer und Matthäus. Danach wurde ein ein bunt zusammengewürfeltes Welt-Team auf den Rasen geschickt, das ohne echten inneren Zusammenhalt schlichter spielt, ohne zu viel Herz, dafür aber mit mehr Marketing und Berechnung.

Basti als Fernseh-Kommentator: eine echte Erholung im Vergleich zu vielen anderen, immer höflich und aufbauend, er liest uns sein erkanntes Spiel vor, wird immer besser in den Analysen und Erklärungen. Man ist gespannt auf seinen weiteren Lebensweg und freut sich schon mit den Kindern über einen so motivierenden Papa.

Das Buch ist eine grandiose Annäherung an einen Mann, der einfach sympathisch ist und das Gegenteil von dem, was sich woke Schreiber wünschen. Basti ist ihnen zu langweilig, weil er kein Migrant ist, keine PoC, nichts, worüber sie gerne berichten. Bastian Schweinsteiger ist ein letzter verglühender Stern traditioneller deutscher Fußballkunst im Irrsinn des DIE: Diversity, Inclusivity, Equity, also Diversität, Inklusivität, Gerechtigkeit. Einzig seine Frau als Kind eines Krieges wird bei ihnen etwas punkten. ( )