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Werke von Andreas Knapp

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Gebräuchlichste Namensform
Knapp, Andreas
Geschlecht
male

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Gute Analyse, unzutreffende Schlussfolgerungen.

Es gibt eine Autorität der Opfer, formuliert Andreas Knapp (AK), der in diesem Buch anhand von Gesprächen mit geflohenen Christen aus dem Nahen Osten eine Spur aufzeigt, die bei uns im Westen nahezu völlig aus aus dem Bewusstein/Medien verschwunden ist. Man fragt sich eigentlich nur nach dem: Warum blenden Medien bei uns eines der dramatischsten Probleme der Welt aus? Warum haben wir kein Mitgefühl mehr mit Christen in anderen Ländern, warum sind bei uns unangenehme Themen weichgespült?

Um Gewalt wirklich analysieren zu können, bedarf es der vorurteilsfreien, vergleichenden Sichtweise, der sauberen inhaltlichen Bestimmung aller Religionen, ihrer Entwicklungen und Probleme. Und dieses Buch leistet dazu einen unverzichtbaren Beitrag mit Berichten vor Ort, in Gesprächen mit Menschen, die Unterdrückung und Verfolgung persönlich erlebt haben. Und zwar nicht gestern, sondern genau jetzt, heute, in dieser Stunde, in dieser Minute.

Erhellend werden die Unterschiede zwischen Christentum und dem Islam herausgearbeitet, u.a. mit eingeschobenen Captions, die bestimmte Facetten der Geschichte/Glaubens herausheben und gut erklären. Der Autor macht allerdings den Fehler vieler Religions-Geschichtler, die das bestehende Bücher/Regelwerk kritiklos als gegeben hinnehmen und z.B. die Vorgeschichte des Christentum bis ins 8. Jh. völlig ausblenden. Dieses Buch klärt in diesem Zusammenhang auf und ergänzt dieses Buch: Barbara Köster, Der missverstandene Koran: Warum der Islam neu begründet werden muss.

Vordergründig ging es im Irak Krieg um den Export von Demokratie, untergründig aber wohl um den Export von billigem Erdöl, konstatiert AK und fügt hinzu, dass mit diesem von Gerhard Schröder verneinten Krieg der Heilige Krieg mit IS etc. startete. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Christen im Irak für Islamisten zum Freiwild. Wir lesen: Da der Prophet Mohammed sowohl religiöser als auch politischer Führer war, sind im Islam Religion und Politik von Anfang an verwoben. Infolgedessen kann der Krieg eine religiöse Dimension bekommen. Dass er dies notwendigerweise muss, hätte man leicht mit einigen Suren belegen können. Das unterlässt der Autor jedoch. Er erklärt aber die Schutzgeldsteuer sehr gut, die von Muslimen bei Christen eingetrieben werden.

AK definiert in einer der Captions auch das Konzept von Jesus bzw. des Christentums, das den tödlichen Kreislauf der Gewalt durch Barmherzigkeit und Feindesliebe durchbrechen wolle. Prinzipiell ist das richtig, nur hat Jesus nie gesagt, dass man sich nicht verteidigen oder auf seinem Standpunkt beharren sollte. Viele Atheisten und Kritiker beziehen sich auf ein vermeintliches Jesus Wort, mit dem er Gewalt rechtfertigen würde: "Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert." Wenn man sie in der echten, aramäischen Bedeutung übersetzt, lauter dieser Satz: "Ich bin nicht gekommen, um Kompromisse zu schließen. Sondern ich bin gekommen, um Streitgespräche zu führen."

Dieses Buch ist immerhin Teil eines Streitgespräches vergleichender Religionsgeschichte, über die wir alle uns dringend informieren müssen. Nein, Jesus hat einer Gewalt/Krieg nicht das Wort geredet, er hat diese dem Staat überlassen: "Gebe des Kaisers, was des Kaisers ist." Aber er möchte eben auch keine totale Opferbereitschaft ohne Entgegnung: er möchte sein Wort, seine Ideen offensiv vertreten. Und genau das tut die Kirche heute nicht mehr. Sie redet, so auch in diesem Buch, von Ökumene, wenn sie vom Islam redet. Ohne dazu zu sagen, dass die Trinität die größte, unvergebbare Sünde ist in der Religion des Mohammed. Könnte man eine Unversöhnlichkeit klarer aussprechen?

Wussten Sie, dass einer der höchsten religiösen Führer, Scheich Fawzan, nach wie vor die Sklaverei als ur-islamisch ansieht? Kennen Sie dieses Buch:[[ASIN:3406621961 Weltgeschichte der Sklaverei]] und wissen Sie, wer Afrika versklavt hat? AK: Dementsprechend nahmen die Krieger des IS bei ihrem Eroberungszug durch den Irak Tausende jesuitische und christliche Kinder, junge Mädchen und Frauen gefangen und verkauften sie auf regelrechten Sklavenmärkten. (S. 93) Eine junge Frau vertraute AK an, dass sie tagelang ohne Unterbrechungen von einem Dutzend Männer auf alle Arten vergewaltigt wurde. Sie war so erschöpft, dass sie die Männer anflehte, sie endlich umzubringen.

AK benennt alle Probleme und eigentlich müsste jedem die Schockstarre in die Glieder fahren, wenn er die Kirchensprengungen (im Bild festgehalten) und Tötungen des IS mit ansieht. Neuester trauriger Höhepunkt war neulich die Exekution von Erwachsenen per Gewehren durch !! 4 jährige Kinder. Unsere Gesellschaft wird sich durch den Zuzug der Geflüchteten radikal ändern. Ja, AK formuliert das Wort „radikal“. Um eine Integration zu erreichen, sollen wir unsere westlichen, abendländischen Werte von innen her vermitteln, so könnten die Flüchtlinge unsere Lebensweise schätzen lernen.

Wenn AK das grundlegende Werk des Islam gelesen und wenigstens ein paar wenige Suren auch in diesem Buch analysiert hätte, wüsste er, dass es keinen säkularen Islam geben kann, niemals und nirgendwo. Die Türkei ist das beste Beispiel. Atatürk bzw. seine Säkularisierung fällt heute in Erdogan krachend zusammen. AK sieht die innerislamische Vielfalt der Richtungen bei uns als Chance, endlich zu begreifen, dass man Religionspluralismus akzeptieren solle. Dies alles vor dem Hintergrund eines gescheiterten Pluralismus in Syrien zu formulieren, ist für mich harter Tobak und macht die gute Analyse, die der Autor im Buch weitgehend abgibt, wieder zunichte.

Islamische Staaten haben sich tatsächlich zu den Menschenrechten bekannt, aber immer mit dem Vorbehalt: sofern es der Scharia nicht widerspricht. Wertlose Aussagen also, die schon gar nicht vor Gericht einklagbar sind. Richtig ist, dass wir der Verfolgung von Christen vor allem in Flüchtlingslagern vorbeugen müssen, die einzig mögliche Hilfe, die ich sehe.

AK macht in diesem Zusammenhang sehr viel richtig, aber die Hausaufgabe einer vergleichenden Religionsanalyse unterlässt er. Seine weichgespülten, illusorischen Zielsetzungen am Ende des Buches (Unser Bestes geben) sind für mich schwer zu lesen bzw. jeder Satz wurde mit Widerspruch belegt. Suchen Sie bitte nach Open doors, um dieses Buch mit realistischen Einschätzungen zu ergänzen. Und lesen Sie bitte dieses klar sehende Buch einer wirklichen Helferin:
[[ASIN:376554258X Ich glaube an die Tat: Im Einsatz für Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak]]
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Clu98 | 10 weitere Rezensionen | Feb 25, 2023 |

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