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Eva Schindele

Autor von Pfusch an der Frau

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Hebammenforum 2000, Nr. 7 — Mitwirkender — 2 Exemplare

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eine Rezension von Gudrun Kemper

„Die Gynäkologie, immer noch eine Domäne der Männer, boomt wie nie zuvor. Unaufhörlich sorgt sie für Patientinnennachschub, indem sie neue Normen aufstellt, Abweichungen zu Krankheiten deklariert und sogleich die angeblich passenden Therapien anbietet.“ So steht es auf dem Buchumschlag zu Eva Schindeles Buch „Pfusch an der Frau: Krank machende Normen, überflüssige Operationen, lukrative Geschäfte“, 1993 in gebundener Ausgabe bei Rasch und Röhring, 1996 als Taschenbuch bei dtv erschienen.
Von Managern des weiblichen Lebenszyklus

Frauenärzte haben sich nicht nur zu „Managern des weiblichen Lebenszyklus“ aufgeschwungen, in unserem Fall sind sie Manager der Krankheit Brustkrebs, auch wenn es einigen Frauen mittlerweile gelang, in diese Domäne, deren Machtverhältnisse – Gender Mainstreaming ungeachtet und nach wie vor tatsächlich weltweit maßgeblich durch Männer bestimmt – vorzudringen. „Doch der Gynäkologie wäre es in den letzten Jahrzehnten nicht gelungen, so viel Raum im Leben von Frauen zu erobern, verknüpften Frauen nicht so hohe Erwartungen mit diesem medizinischen Fach. Vielfach erwarten sie sich Sicherheit da, wo sie sich unsicher in der eigenen Haut fühlen. Doch das ist ein gefährlicher Trugschluss, denn nirgends sonst in der Medizin geht soviel daneben wie in der Gynäkologie.“
Die Macht der medizinischen Definition

Eva Schindele hat eine Bestandsaufnahme in vielen Einzelfällen geliefert, die sich auch heute zum größten Teil unverändert recht ähnlich abspielen dürften. „Die fünf Minuten Medizin“ hat die Risiken womöglich weiter erhöht. Schindele wollte mit ihrem Buch Frauen ermutigen, der eigenen Wahrnehmung mehr zu trauen und mehr Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Im Zusammenhang mit automatisierten „Disease Management Programmen“ kann das besonders bei Brustkrebs nicht oft genug betont werden. Schindele stellt den „Hormonboom“ – versehen mit allen nur denkbaren Warnungen – bereits Anfang der 1990er Jahre auf den Prüfstand, ebenso wie den „Mythos Vorsorge“, Apparatemedizin, Nebenwirkungen „moderner“ Diagnoseverfahren, überflüssige Operationen und medizinischen Machbarkeitswahn. „Wie so oft in unserem medizinischen Versorgungssystem sind die wirtschaftlich Interessierten zugleich die Experten, die die Notwendigkeit bestimmter ärztlicher Leistungen feststellen.“ Dieser Trend hat sich inzwischen verschärft, wenngleich die Intransparenz der Verhältnisse massiver geworden ist. Wir wissen es, und wir ändern es nicht. Wir manifestieren es, stellen es öffentlich nicht infrage, heute weniger denn je. Inzwischen hat sich die Spirale nur umso schneller weiter gedreht und bedroht mittlerweile den Zugang zur Medizin für alle im Spiegel eines neuen Klassensystems.
Die Amputation der Brust im Weiterbildungskonzept

Eva Schindele kritisiert die Amputationen der Brust, die zur Erlangung des „Facharztes für Gynäkologie“ im Weiterbildungskonzept verankert sind, heute so selbstverständlich wie damals, immer noch nicht abgeschafft. Sie kritisiert die Einnahme von Hormonen, die als Therapie gegen Pickel bei Teenagern oder auch gegen „Zyklusunregelmäßigkeiten” verordnet werden, und verweist auf das Ansteigen des Brustkrebsriskos durch – auch diese – Hormontabletten um 36%. “Frauen greifen zur Anti-Baby-Pille, weil ihrem Arzt kein anderes Verhütungsmittel einfällt oder weil der Gynäkologe das Diaphragma und “all den anderen Kram” für zu umständlich und unsicher hält”. “Die Pille macht dich zum sexuellen Freiwild.” Derart kritische Aussagen wurden in einer Umfrage bei jungen Frauen geäußert. Trotz dieser kritischen Einstellung zu dieser Verhütungsmethode nehmen heute 80% (Stand 1993) aller Befragten die Pille.”
Patientinnenrechte

Neben praktischen Anweisungen für mehr Selbstbewusstsein im Sprechzimmer geht Schindele gemeinsam mit der Bremer Gynäkologin und Psychotherapeutin Mura Kastendieck neuen Wegen im „geschwisterlichen Sinne“ nach und stellt im letzten Kapitel „Was Patientinnen über ihre Rechte wissen sollten“ gemeinsam mit Clemens Müller vom Bremer Gesundheitsladen Infos zu Verbraucherinnenschutz, Schmerzensgeld und anderen juristischen Themen vor.

Glossar, Bibliographie, Literaturhinweise und Adressverzeichnis, heute freilich nicht mehr ganz aktuell, mit dem Hinweis auf FGZ aber immer noch richtungsweisend, ein wichtiges Buch, nicht speziell zum Thema Brustkrebs, aber im Zusammenhang Frauen und Gesundheit auf jeden Fall.

Leider habe ich dieses wichtige Buch erst jetzt für mich entdeckt. Schade, hätte ich es eher gelesen, wer weiß, was es mir hätte ersparen können. Eine Neuauflage, die heutige Trends vom Tattoo über Piercing, Hymenrekonstruktion und Schönheitsoperationen des weiblichen Genitals einschließt, steht auf meiner Wunschliste. Solange es diese nicht gibt, lege ich Eva Schindeles „Pfusch an der Frau“ Frauen – besonders den jüngeren – für den kritischen Umgang mit dem Gesundheitsmarkt, mit den Versprechungen, Versuchungen und schönen neuen „IGeL-Leistungen“ in unserer durchökonomisierten Medizin ans Herz.

Es ist Zeit, vergessene Bücher wieder auszupacken, sie neu zu lesen, neu zu entdecken. Sie sind wichtig für uns.
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BCAG | Nov 13, 2010 |

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