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Volker Weidermann

Autor von Ostende: 1936, Sommer der Freundschaft

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Über den Autor

Bildnachweis: Volker Weidermann, Leipziger Bookfair 2014 By Lesekreis - Own work, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=31648460

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Schlump (1928) — Nachwort, einige Ausgaben185 Exemplare

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„Die Welt will schlafen, um in Frieden zu leben. Und die kleine Ostende-Gruppe hasst ihre Machtlosigkeit, hasst sie bis zur Verzweiflung.“ (Zitat Seite 92)

Inhalt
Im Sommer 1914 war Stefan Zweig zum ersten Mal in diesem belgischen Badeort am Meer gewesen, bis der Sommer, an dessen herrliche Tage er sich noch immer erinnert, damals am 28. Juli plötzlich geendet hatte – Österreich hatte Serbien den Krieg erklärt. Nun ist er wieder hier, in diesem Sommer 1936 und mit ihm Schriftsteller, die ihre Heimat Deutschland verlassen haben, auf der Flucht vor den Nationalsozialisten. Joseph Roth, Irmgard Keun, Egon Kisch, Arthur Koestler, Ernst Toller, Hermann Kesten, sie alle genießen wie Stefan Zweig die ausgelassene Stimmung am Strand, Sonne und Meer, die Gespräche in den Caféhäusern und Bistros. Doch die Wehmut des Abschiednehmens schwingt in diesen Tagen mit, und die Sorge vor einer ungewissen Zukunft.

Thema und Genre
Es ist die Geschichte von deutschsprachigen Schriftstellern im Exil, deren Bücher im NS-Deutschland verboten und verbrannt worden waren, von einem letzten Sommer im berühmten belgischen Badeort Ostende, bevor sich ihre Wege trennen.

Erzählform und Sprache
Volker Weidermann erzählt ruhig fließend und einfühlsam von diesen Tagen und den Menschen. Er folgt den einzelnen Personen abwechselnd, sie treffen einander wieder, oder lernen einander hier kennen. Im Mittelpunkt steht die besondere Freundschaft zwischen Stefan Zweig und Josef Roth. Der Zeitrahmen spannt sich vom Sommer 1936 bis ins Jahr 1939 und wird durch Erinnerungen an vergangene Ereignisse ergänzt. Das letzte Kapitel schildert das weitere Schicksal aller Hauptfiguren.

Fazit
Eine umfangreiche Recherche und fundiertes Fachwissen verbinden diese fiktive Geschichte des Sommers 1936 in Ostende mit den Fakten der deutschsprachigen Literatur und Schriftsteller im Exil.
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Gekennzeichnet
Circlestonesbooks | 15 weitere Rezensionen | May 27, 2024 |
„Die Größe, die Bedeutung und die lang währende Kraft und Wirkungsmacht von Thomas Manns Werk besteht darin, dass er einerseits schonungslos und radikal immer wieder sich selbst preisgab. Und – noch wichtiger – dass dieses Selbst auf, ja, magische Weise mit seiner Zeit, mit den Menschen seiner Zeit, der Politik, der Gesellschaft, den Ängsten, den Hoffnungen der Gegenwart verbunden war.“ (Zitat Seite 141)

Thema und Inhalt
Dieses Buch ist eine ungewöhnliche, sehr gut gelungene Mischung. Ein narratives, kreatives Sachbuch, welches die Geschichte des Lebens von Thomas Mann neu erzählt, ausgehend von seiner engen, sehnsuchtsvollen Bindung und Liebe zum Meer, welche sich durch sein Leben und seine Werke zieht.

Umsetzung
Ihre frühen Kindheitsjahre verbrachte die Mutter von Thomas Mann in Brasilien, in einem Haus direkt am Meer. Für Thomas Mann, der in Lübeck aufwächst, wird das Meer zum Sehnsuchtsort, einerseits Begriff von endloser Weite und Freiheit, andererseits Sinnbild für einen geheimnisvollen Sog in die ebenfalls endlose Tiefe.
In vielen Textbeispielen aus Thomas Manns Werken folgt Volker Weidermann dem Menschen Thomas Mann, der die Vorbilder für seine Romanfiguren vor allem in sich selbst findet, aber auch in den Menschen in seinem Umfeld, beginnend mit dem großen Roman seiner Familie, den Buddenbrooks. „Er war ein Seelenkenner, nicht nur seiner selbst. Sondern auch ein Seelenkenner der Welt, die ihn umgab.“ (Zitat Seite 141)
„Mann vom Meer“ ist keine verklärte oder verklärende Biografie des berühmten deutschen Schriftstellers und Nobelpreisträgers, sondern es zeigt einen lebenslang mit seinen Gefühlen ringenden Menschen, der sich selbst und sein Leben in seinen Romanen schonungslos offenlegt, den Ehemann und Familienvater, an dessen Seite es niemand leicht hat, der seine Frau Katia liebt, sich aber auch immer wieder in junge Männer verliebt. Volker Weidermann schildert offen, aber nicht wertend, die sich mit den Jahren und Erfahrungen stark verändernden politischen Überzeugungen von Thomas Mann, vom patriotischen Optimisten zum überzeugten Demokraten. Im Nachwort geht es um Thomas Manns Tochter Elisabeth Mann Borgese, eine beeindruckende, selbstbewusste Frau, eine Wissenschaftlerin mit Ansichten, Ideen und Anliegen, die ihrer Zeit weit voraus waren und bis heute zeitlos aktuell sind. Mit einer ausführlichen Bibliographie schließt das Buch.

Fazit
Diese Geschichte vom Mann vom Meer birgt eine Fülle an neuem oder ergänzendem Wissen, nicht nur für interessierte Lesende, die Thomas Mann bisher vielleicht von der Schullektüre her kennen, sondern auch für Menschen, die sich schon lange und intensiv mit Thomas Mann und seinem Werk beschäftigt haben. Die Sprache sorgt für Lesevergnügen und das Buch selbst schlägt auch nach der Lektüre Wellen, die einen langen, stetigen Sog entwickeln und dazu anregen, die Romane von Thomas Mann nun wieder, oder aber auch zum ersten Mal, zu lesen.
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Gekennzeichnet
Circlestonesbooks | Jul 2, 2023 |
Was erleben Menschen bzw. Schriftsteller im Exil? Haben wir alle je daran gedacht, Personen, die Deutschland verlassen mussten, ein Denkmal, eine Erinnerungsstätte zu bauen? Meines Wissens gibt es keine.

Aber es gibt jetzt für einige davon dieses Buch, das in hervorragender Weise und bestens recherchiert einige Schriftsteller wie Stefan Zweig, Josef Roth, Irmgard Keun, Egon Erwin Kisch, Hermann Kesten zusammenführt und ihre gemeinsamen Diskussionen, Freundschaften, Leiden und Diskussionen im Sommer 1936 wieder lebendig werden lässt.

Wenn man "Die Welt von gestern" von Stefan Zweig oder "Meine Freunde, die Poeten" (H. Kesten) kennt, liest man auf, wo viele Inhalte herkommen - und doch ist es weit mehr, man nähert sich Stefan Zweig und seiner zweiten Frau auf bislang nicht gekannte Weise, geradezu psychoanalytisch werden Tatsachen erhellt, ganz so, wie das Stefan Zweig geschrieben hätte.

Niemand wird geschont und besonders in Erinnerung bleibt mir die Aussage von Joseph Roth, als Irmgard Keun, seine damalige Geliebte, ihn fragt, wie sie sich denn von ihrem deutschen Mann, einem Nazi, scheiden lassen könnte. Nichts würde funktionieren. Aber der Geschichtenerzähler Roth hatte sofort die (funktionierende Lösung):
sag ihm einfach du schläfst hier mit Juden und Afrikanern."

Kleinste Kleinigkeiten kommen ans Licht und irgendwie sitzt man in Ostende mit in den Cafés und am Strand, in den Hotels und Häusern der Exil-Schriftsteller und Journalisten. Auf Seite 9 eine meiner Lieblingsaussagen, von Verhaeren, durch Stefan Zweig ins Deutsche übersetzt:

"Wenn wir einander unentwegt Bewunderung zollen
Aus unserer Herzen tiefster Glut und Gläubigkeit,
So werdet ihr, die Denker, Dichter, ihr, die Meister,
Die neue Formel finden für die neue Zeit."

Stefan Zweig unterstützte den müde werdenden Joseph Roth auch in Ostende, klaglos und mit dem Dank, dass über ihn gespottet wurde. "Wenn Roth über Zweig spottet, dann aus Selbstverteidigung, aus dem Bemühen heraus, seine Selbstachtung nicht zu verlieren, auch nicht hier, im neuen Anzug, bezahlt vom Geld des Freundes." Roths Gedanken über Geld fließen ein in seine Erzählung " Beichte eines Mörders, erzählt in einer Nacht." Dieses Buch schreibt er zusammen mit den Optimierungen, Anregungen von Stefan Zweig und schickt es aus Ostende an seinen Verleger Walter Landauer.

Das Buch schildert die jeweiligen LebEnden und den erneuten Versuch von Joseph Roth, 1937 nochmals in Ostende zu sein, sie alle zu treffen. Aber schon zu müde ist er, verbraucht von einem rastlosen Leben, während alles um sie herum zerbricht und in alle Winde zerstreut wird. Eine letzte Hoffnung und Freude für Zweig in Brasilien, unvergleichlich die Art wie sich Volker Weidemann ihm nähert, uns geradezu beim Entstehen der Werke zusehen lässt, vor allem dies kann ich immer wieder lesen, aus dem Essay "Das Buch als Eingang zur Welt: "Und ich verstand, dass die Gabe oder die Gnade, weiträumig zu denken und in vielen Verbindungen, dass diese herrliche und einzig richtige Art, gleichsam von vielen Flächen her die Welt anzuschauen, nur dem zuteil wird, der über seine eigene Erfahrung hinaus die in den Büchern aufbewahrte aus vielen Ländern, Menschen und Zeiten einmal in sich aufgenommen hat, und war erschüttert, wie eng jeder die Welt empfinden muss, der sich dem Buch versagt." Stefan Zweig ist ein Mann, der Menschen lesen kann wie Bücher, schreibt Weidermann. Wie wahr, und der sogar anderen beim Bücher schreiben geholfen hat.
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Gekennzeichnet
Clu98 | 15 weitere Rezensionen | Mar 9, 2023 |
Ich fand das Buch ausgezeichnet, sehr gut recherchiert und ein höchst spannendes Stück Literaturgeschichte und deutsche Geschichte.
Es ist großartig geschrieben und wird beiden Protagonisten gerecht.
Ich hatte das Hörbuch, das von Gerd Heidenreich phantastisch gelesen wird.
Seit langer Zeit habe ich kein Hörbuch mehr gehört, das mich so lange beschäftigt und zu vielen Gesprächen angerecht hat und gleichzeitig so gut unterhalten hat.
 
Gekennzeichnet
Wassilissa | 1 weitere Rezension | Dec 23, 2022 |

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