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Roberto BolañoRezensionen

Autor von 2666

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Rezensionen

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Möglicherweise das seltsamste Buch, das ich je las. Mehrmals hab ich es zur Seite gelegt aber doch immer wieder aufgenommen. Halte ich es für ein gutes Buch? Doch, gewiss! Gefiel es mir? Kann man ein Buch mögen, das dem vorangestellten Motto Baudelaires: 'Eine Oase des Grauens in einer Wüste der Langeweile' treu ist? Es trifft weite Teile des Text genau. Doch wenigstens einmal bricht ein dunkler Humor oder Selbstironie durch wenn er kritische Stimmen zu einem Roman im Roman so zitiert: Prof. Strumilin fand den Roman konfus, Tolstoi chaotisch, Stalin verdächtig, ... (875). Und – wie Ignacio Echevarria im Nachwort bemerkt – Roberto Bolaño scheint diesen seinen eigenen großen unvollkommenden überschäumenden Roman und die Leser, die ihn beiseite legen, zu charakterisieren wenn er schreibt (S.283): „Sie [die Leser] wollen die großen Meister bei eleganten Fechtübungen beobachten, aber nichts wissen von den wahren Kämpfen, in denen die großen Meister gegen jenes Etwas kämpfen, das uns allen Angst einjagt, ...“

Keine Fiktion sind die beschriebenen Morde und Vergewaltigungen: zwischen 1993 and 2005 wurden 379 Frauen in Ciudad Juárez, der Stadt Santa Teresa des Romans, ermordet. Kaum bekannt dagegen sind die noch zahlreicheren Morde in Edomex (Bundesstaat México, http://en.wikipedia.org/wiki/State_of_Mexico ). Der „Guardian“ berichtet (15. April 2015) http://www.theguardian.com/world/2015/apr/15/mexico-missing-girls-canal : “A staggering 1,258 girls and women were reported disappeared in Edomex in 2011 and 2012 – of whom 53% were aged between 10 and 17, according to figures obtained by the National Citizens Observatory on Femicides. Over the same period, 448 women were murdered in the state. Many of their mutilated bodies were left displayed in public places like roads, parks and shopping centres.”

Zur deutschen Übersetzung: leider ist sie – und wohl von jetzt ab jeder deutsch-sprachige Roman – verunstaltet durch das Wort „Handy“. Wie ich es hasse, diese idiotische Benennung, dieses süßlich-kitschige Wort, das weder deutsch noch englisch ist! (IV-15)
 
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MeisterPfriem | 180 weitere Rezensionen | Apr 11, 2015 |
Die posthume Ausbeutung von Autoren fördert immer wieder vergessene Glanzstücke zu Tage, mindestens ebensooft aber bringt sie Bücher in die Öffentlichkeit, die vergessen bleiben könnten. Leider ist der "Lumpenroman", eigentlich eher eine Erzählung, des großartigen Roberto Bolano, dessen magnum opus "2666" zurecht zu den besten Büchern des letzten Jahres zu zählen ist, eher der letzteren Kategorie zuzuordnen. Zwar besticht wie in anderen Werken die unvergleichliche Sprache Bolanos, die Handlung jedoch bleibt unausgegoren und das Ende enttäuschend (der Verfasser des Klappentextes verspricht anderes, er dürfte nicht soweit gelesen haben).
 
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DieterBoehm | 16 weitere Rezensionen | Aug 24, 2010 |
Dies ist das schlechteste Buch, das ich je gelesen habe.

Hoffentlich bleibt es dabei, denn der Gedanke, eines Tages an ein noch schlechteres Buch zu geraten, ist unausstehlich. Ich finde es in höchstem Maße gemein, daß ich den Autor nicht belangen kann für die Lebenszeit, die ich an dieses Werk verschwendet habe. Leider hat mich Herr Bolaño durch sein unzeitiges Ableben dieser Möglichkeit beraubt.

2666 ist so ungeheuerlich schlecht, daß ich mir vorstellen könnte, den Rest meines Lebens von Tür zu Tür zu ziehen, um ahnungslose Leser vor dessen Kauf zu warnen. Ich versichere, daß dieses Missionsbefürfnis so intensiv ist wie es einer mittleren Theophanieerfahrung gebührt.

Mein Buchhändler in Frankreich präsentierte mir das Buch mit großen Gesten als das Beste, das er seit langem gelesen habe. Da er bei seinen Empfehlungen sonst eine gewisse Treffsicherheit an den Tag legt, kam ich nicht umhin, es zu kaufen. Die Lektüre war eine beispiellose Folge immer weiter gesenkter und doch enttäuschter Erwartungen. Nach etwa 700 Seiten musste ich dann endgültig aufgeben: der vierte Teil reiht auf hunderten Seiten die monotonen Beschreibungen immer gleicher Mordfälle aneinander, die Lektüre wird unerträglich. Ist das Kunst? Wer will sowas lesen? Ich hab es wirklich versucht, ich lege selten ein angefangenes Buch zur Seite, es ging nicht. Mir ist schleierhaft, was Heerscharen von Kritikern und Verlagen hieran gefunden haben.

Muss ich erwähnen, daß mein Buchhändler pleite gegangen ist? Lest, was immer ihr wollt, aber lasst die Finger von 2666. Bitte! Wer mir glaubhaft androht, sich dieses Buch zu kaufen, dem schick ich kostenlos ein anderes.½
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Anselme | 180 weitere Rezensionen | May 10, 2010 |
Einer der früheren Romane des allzu früh verstorbenen chilenischen Meisters. Ein Totentanz um einen faszinierenden, abstoßenden Poeten und Flugkünstler, und gleichzeitig eine Parabel auf Allendes Chile - spannend, streckenweise geradezu hypnotisch.½
 
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DieterBoehm | 23 weitere Rezensionen | Mar 20, 2010 |
Das Buch wird von der Literaturkritik einhellig mit Superlativen wie "Weltliteratur", "literarisches Ereignis" etc. gelobt. Es hat mir auch tatsächlich sehr gut gefallen und trotzdem war ich enttäuscht. Der Grund liegt darin, dass es aus meiner Sicht ein unvollendetes – oder sagen wir: nicht ganz fertiges – Fragment darstellt. Bolaño ist noch knapp vor der Fertigstellung und der für ihn wichtigen Endredatkion gestorben. 2666 besteht aus 5 Teilen, die ziemlich unabhängig voneinander verschiedene Perspektiven über einen merkwürdigen Autor (Benno von Archimboldi) und einer Frauenmordserie in Mexiko miteinander verknüpfen. 2666 wird von Literaturkritikern als der imaginäre Fluchtpunkt interpretiert, zu dem die 5 Teile konvergieren. Alle Teile sind unabhängig und doch durch Zeiten, Orte und Personen miteinander verzahnt und verwoben. Die vier "durchgedrehten" Germanisten die Archimboldi im ersten Teil suchen und letztlich in Santa Teresa (Mexiko) vermuten, werden im letzten Satz des 5. Teiles indirekt bestätigt, wo Archimboldi ein Flugzeug nach Mexiko besteigt. – Damit schließt sich zwar der Spannungsbogen, doch bleiben viele Ende in den einzelnen Teile lose, unverknüpft. Auch wenn kein "runde Geschichte", keine Aufklärung aller Rätsel geplant war, so glaube ich doch nicht, dass das Ende so geplant war. Ich verlange nicht, dass der Spannungsbogen augeflöst wird, so aber ist nur angedeutet, nicht voll ausgeführt.

Das Buch ist locker und spannend geschrieben und liest sich hunderte Seiten äußerst flüssig. Es besteht aus einem schier endlosen Kaleidoskop von zum Teil abstrusen Geschichten und Biografien, von denen es aber auch dann einige gab, die mich wenig interessierten bzw. ermüdend für mich waren.

Keine Frage: Bolaño kann schreiben, fabulieren, erzählen. Die über 100 trockenen Berichte von einer gigantischen Frauenmordserie, die es wirklich gab (Santa Terese, die Stadt im Buch ist in Wirklichkeit Ciudad de Juarez), sind kein bischen langweilig. Die lakonische Schilderung der Fundorte, des vermutlichen Tathergangs, der Verwaltungs-Schlamperei, Korruptions- und Vertuschungsszenarien versteckt nicht das soziale Leid und Elend der mexikanischen Marginalisierten sondern umrahmt es und bringt es erst dadurch überhaupt erst so richtig ins Bewusstsein.

Das Buch zu lesen war auch von der Ausstattung her gesehen ein genuss: Ein wunderschöner Dünndruck, schönes Umschlagbild, gefärbter Schnitt, und Leseband machen es zu einer Buchschrank-Schönheit.
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baumgartner | 180 weitere Rezensionen | Sep 30, 2009 |
Eine geniale poetisch-erotische Tour de Force um eine obskure Gruppe von Dichtern, die Realviszeralisten (und tatsächlich geht alles ziemlich an die Eingeweide...), deren Anführer auf einer Odyssee (nicht umsonst heißt einer von ihnen Ulises) nach der Gründermutter ihrer Gruppe suchen. Tagebuchaufzeichnungen vom ausschweifenden Leben der Jungdichter wechseln sich mit philosophisch-literarischen Passagen ab, und am Ende der nahezu 800 Seiten noch ein Road-Movie... was will man mehr? Genial - gewaltig!
 
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DieterBoehm | 122 weitere Rezensionen | Jun 4, 2009 |
Ein sprachgewaltiges Buch, das einen mit endlosen kunstvollen Wortketten in das Leben eines chilenischen Priesters und Literaturkritikers und seiner Lebensbeichte mitten hineinzieht. Auch wenn man über die Handlung auch schon nicht viel mehr sagen kann, weil sie sich eher wie ein einziges riesiges Puzzlespiel oder ein vielfarbiger Gobelin darstellt, hat mich dieses Buch unglaublich fasziniert. Ich freue mich schon sehr auf den demnächst auf Deutsch erscheinenden letzten Roman Bolanos, sein magnum opus '2666'. Kommt erst im Herbst 2009:-(
 
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DieterBoehm | 63 weitere Rezensionen | Jun 4, 2009 |
 
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Riverblue13 | 180 weitere Rezensionen | Apr 15, 2012 |
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