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Dörte Hansen

Autor von Altes Land

5 Werke 576 Mitglieder 23 Rezensionen Lieblingsautor von 1 Lesern

Über den Autor

Bildnachweis: Dörte Hansen at the Frankfurt Book Fair 2018 Author: Martin Kraft

Werke von Dörte Hansen

Altes Land (2015) 349 Exemplare
Mittagsstunde: Roman (2018) 138 Exemplare
Zur See (2022) 85 Exemplare
Naar zee 1 Exemplar

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Rezensionen

Ein sehr schön geschriebenes Buch über den Zeitenwandel auf einer Nordseeinsel, ganz egal welcher. Wie in ihren ersten zwei Romanen lotet Dörte Hansen hier das Beziehungsgefüge in einer norddeutschen Familie aus. Fast alle Kapitel drehen sich um eine der fünf Personen der Familie Sander: die Mutter, die früher - als die Kinder klein waren und der Mann auf See - eine Ferienpension führte; den Vater, der die Seefahrt irgendwann an den Nagel hing um als Vogelwart ein Eremitendasein zu führen; den ältesten Sohn, dessen Seefahrtskarriere auf fast traumatische Weise endete und der sich seitdem mit Gelegenheitsjobs und Alkohol begnügen muss; die Tochter, die trotz (oder wegen?) Sprachenstudium als Altenpflegerin arbeitet; und den jüngsten Sohn, der als einziger die Insel noch nie verlassen hat und sich als (Lebens-)Künstler und Rettungsschwimmer betätigt. Die Personen sind im besten Wortsinn eigenwillig, schroff und liebenswert zugleich; irgendwie tragisch in einer authentisch wirkenden Mischung aus Liebe und Leid. Im Vergleich zu Hansens ersten zwei Romanen kommt dieser hier ohne durchgängigen Handlungsstrang aus, leider auch ohne Hansens wunderbar trockenen Humor. Trotz etwas Redundanz im andauernden Vergleich von Früher und Heute ist es eine schöne Familiengeschichte, voller Melancholie und mit wunderbar treffenden und lebhaften Bildern zu Tradition und Wandel an der See. Eine meiner Lieblingsstellen ist: "Es gibt hier nichts Beständiges. Das Fließen, Strömen und Verlanden, Stürmen, Auseinanderreißen hört nicht auf. Land gewonnen, Land zerronnen. Alles will hier Horizont sein" (S. 168). Im übertragenden Sinne gilt der Mangel an Beständigkeit auch für das Leben der Menschen in diesem Buch.… (mehr)
 
Gekennzeichnet
Bassgesang | 2 weitere Rezensionen | Jan 6, 2023 |
In einem ruhigen Buch ohne große Spannungsbögen wird hier von den Bewohnern einer Nordseeinsel erzählt, wobei speziell eine Familie im Mittelpunkt steht.
Mir war das Buch zu additiv. Zwar sind alle Personen der Reihe nach immer wieder vorgekommen und man konnte die Entwicklungen erkennen, aber sie kündigten sich nicht an und kamen einfach unvermittelt, so dass ich das Buch nicht allzu spannend fand. Man lebt einfach ein paar Monate mit den Bewohnern dieser Insel mit und erfährt sehr eindrucksvoll, was sie beschäftigt und worin ihre Schwierigkeiten und Lösungsansätze liegen.
Wahrscheinlich sollte man stutzig werden, wenn in einem Buch lauter Lobeshymnen für das Vorgängerbuch (Mittagsstunde) abgedruckt sind. Denn "Mittagsstunde" war wirklich ein großer Wurf, "zur See" hat mich dem gegenüber nicht allzu sehr in Bann gezogen.
… (mehr)
½
 
Gekennzeichnet
Wassilissa | 2 weitere Rezensionen | Nov 7, 2022 |
»Man glaubt, wenn man auf einer Insel aufgewachsen ist, an die Gezeiten und den Fahrplan einer Fähre.«

Dörte Hansen hat eine Gabe: Sie setzt nicht nur verschwindenden Kulturen ein literarisches Denkmal, sondern schreibt - zumindest mir - auch direkt in die Seele.

In “Zur See” schreibt sie ganz schlicht über das Leben auf einer Nordseeinsel und deren Bewohner - sowohl die Alteingesessenen, die oft schon ihr ganzes Leben auf, an und mit der Insel gelebt - und an ihr gelitten - haben. Von den Badegästen zu den Kurz- und Tages-Trippern, die immer mehr “einfallen” bis hin zu jenen, die sich ihren “Inseltraum” verwirklichen wollen und dann merken, daß es vielleicht auf Dauer eben doch nicht nur “schön” auf der Insel ist…

»Sie halten es nie lange aus in ihren Inselhäusern. Nach ein paar Tagen fühlen sie sich wie bei ihren alten Eltern zu Besuch: bloß weg, bei aller Liebe, denn die Alten haben Macken, werden eigen und erzählen immer nur von alten Zeiten.«

Hansen tappt aber nie in die Falle romantischer Verklärung: Weder war “früher alles besser”, noch ist “alles im Lot”: In Herrn Pastors Ehe kriselt es, Eske Sander betreut die sterbenden Alten und versucht sich ihre “kleine Liebe” mit Freya zu erhalten.

»Mit ihren Haaren, ihren Piercings, ihrem lauten Lachen fiel sie noch mehr auf als Eske. Nach zwei, drei Wochen kannte sie die halbe Insel, und die ganze Insel kannte sie.«

Was und wie Hansen schreibt, ist geradezu berauschend; sprachlich, stilistisch, inhaltlich. Sie erzählt durchweg unaufgeregt und ruhig, dabei kraftvoll, sprachfertig und sehr persönlich.

Sie erzählt von einem Leben, dem Hansen offensichtlich mit tiefer Empathie nachgespürt hat. Sie erzählt von der Vergangenheit, der Gegenwart und deutet die Zukunft der Insel und ihrer Bewohner an. Gerade diesen aber gehört Hansens Sympathie und das macht ihre wundervollen Romane aus: So komplex und vielfältig Hansens Sujet auch sein mag: Sie erzählt mit traumwandlerischer Sicherheit, großer Empathie und trotzdem leicht und überaus lesbar. Auch in “Zur See” lässt sie die Worte tanzen und die Sätze feiern ein Fest.

Großartig sind auch Hansens sprachliche Bilder:

»Die kühlen, leicht bewölkten Sommertage sind die besten. Seelenhungertage.«

Selbst wenn man jene Sommertage vielleicht so selbst noch nicht erlebt hat: Seelenhunger kennen wir alle.

»Wind. Oft brist er abends auf, streicht brummend um das Fenster, macht sich an der Tür zu schaffen oder wirft sich brüllend an die Holzwand, bis das Haus auf seinen hohen Pfählen schwankt.«

Einmal mehr wird Dörte Hansen nach “Altes Land” und “Mittagsstunde” in “Zur See” zur Chronistin einer verschwindenden Welt, ohne diese dabei jedoch zu glorifizieren. Im Gegenteil: Durch die Gegensätze, die sie aufzeigt, aber nicht beurteilt, versöhnt sie ein Stück weit Gegenwart und Vergangenheit miteinander.

Das Leben jedenfalls versteht Dörte Hansen abzubilden, wie - meiner Überzeugung nach - derzeit nur wenige deutsche Schriftsteller_innen. In seiner gesamten Breite mit Humor, Trauer, Leben und Tod.

Das ist Kunst, das ist Literatur, das ist (auch), warum ich lese.

Fünf von fünf Sternen.

»Und Hanne hängt an diesem Brocken Land, sie weiß nur manchmal nicht, ob dies noch ihre Insel ist.«

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Ceterum censeo Putin esse delendam
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Gekennzeichnet
philantrop | 2 weitere Rezensionen | Oct 6, 2022 |
Das ist wirklich ein wundervolles Buch über ein Dorf, Brinkebüll, und wie es sich seit dem zweiten Weltkrieg verändert hat. Flurbereinigung, Höfesterben, Automobilisierung und dazwischen die Familie Feddersen. Sönke und Ella, die Gastwirte, haben eine Tochter Marret, die mit 17 schwanger wird. Sönke ist erst nach der Kriegsgefangenschaft aus dem Krieg zurückgekehrt, diese Rechnungen und Wunden trägt er mit sich. Dass Ella in der Zwischenzeit einen anderen stillen Mann geliebt hat, den Dorfschullehrer Steensen, wird nicht thematisiert. Erst mit Marens Jungen, Ingwer, scheint für Sönke eine positive Bilanz zu beginnen: Es ist sein Junge. Marret selbst wird immer sonderlicher. Das Buch erzählt in Rückblenden und beginnt, als Ingwer mit etwa 50 Jahren zurückkehrt nach Brinkebüll um die Großeltern zu pflegen. Ich finde es wirklich großartig, unsentimental und dennoch voller Gedanken und Gedenken an das, was nicht mehr ist: Scherenschleifer, Ehrentänze, Dorfschulen.
Ich habe das Hörbuch gehört, das Hannelore Hoger wunderbar liest, v.a. die Stellen in Platt.
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Gekennzeichnet
Wassilissa | 4 weitere Rezensionen | Feb 5, 2022 |

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